Gesundheitstourismus im Winter – in der Spezialisierung liegt das Potenzial

Natürliche Ressourcen für den Wintersport nutzen: Skitourenregion erleben. Foto: Werbung Tirol, Herbig Haas
Gesundheitstourismus – ein Trend schlägt Wurzeln
Der Gesundheitstourismus ist einerseits Ausdruck des wachsenden Gesundheitsbewusstseins vieler Menschen und stellt vorbeugend, ausgleichend, dem Alltagsstress entfliehend die Gesunderhaltung in den Mittelpunkt. Zeitgleich nehmen Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht oder Diabetes in unserer Gesellschaft überhand. Hinzu kommen chronische, sogar lebenslange Leiden wie Allergien, Lungenkrankheiten oder Autoimmunerkrankungen. Der Gesundheitstourismus muss daher auf immer individueller und komplexer werdende Bedürfnisse des Gastes reagieren.
Der Cluster Wellness der Standortagentur Tirol unterstützt aus diesen Gründen gezielt innovationsbereite Mitgliedsbetriebe, die sich von klassischen Wellnessangeboten hin zu evidenzbasierten Gesundheitsangeboten entwickeln wollen. Auch beim letzten Tiroler Wellnesskongress im Juni 2017 wurde das Thema Gesundheitstourismus mit der Tourismuswirtschaft diskutiert. Aktuelle Themen des Kongresses beschäftigen sich mit neuen Erfolgsstrategien im Wellnesssektor im Raum Tirol. Für Anbieter aus dem touristischen Umfeld und für Regionen ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten, um brachliegendes Potenzial mittels neuer Produkte und Dienstleistungen langfristig zu nutzen.
Wintertourismus braucht Diversifikation!
Der Wintertourismus stellt für Alpenregionen einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar. Gleichzeitig ist er von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Die Klimaerwärmung fiel im alpinen Raum bisher stärker aus als im globalen Durchschnitt. Folge hiervon sind die Abnahme der Schneedecke in niedrigeren Lagen, das Abschmelzen der Gletscher und die Erwärmung von Permafrostgebieten in höheren Lagen. Weiters hat die Erwärmung auch eine weitgehende Veränderung der Wasserressourcen und die Zunahme extremer Naturereignisse verursacht.
Kommen zum Temperaturanstieg des vergangenen Jahrhunderts von 1,8 Prozent im Jahresmittel weitere ein bis zwei Grad Celsius hinzu, würde das die Wintersaison in den Alpen um 20 bis 40 Schneetage verkürzen. Vor diesem Hintergrund stehen Alpenregionen vor der Herausforderung, innovative Produkte und Angebote zu entwickeln, um die Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit nachhaltig sicherzustellen. Technologische Anpassungsstrategien wie großflächige künstliche Beschneiung sind eine Reaktion darauf. Eine Diversifikation des Winterangebots, wie sie die internationale Tourismusforschung empfiehlt, ist eine weitere Strategie.
Erfolgreiches Gesundheitsprojekt – Hohe Tauern Health
In den letzten Jahren haben sich einige vielversprechende Projekte im Gesundheitstourismus etabliert. So zum Beispiel das mit dem „Österreichischen Innovationspreis Tourismus 2016“ prämierte Projekt Hohe Tauern Health. Die Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg, welche auch bei WinHealth als Lead Partner fungiert, hat unter der Leitung von Univ.-Doz. Dr. Arnulf Hartl die Wirkung der Krimmler Wasserfälle wissenschaftlich untersucht und ist dabei zu einem positiven Ergebnis gekommen. Der Sprühregen der Wasserfälle hat eine lungenreinigende Wirkung. Die positiven Effekte führen zu einer nachhaltigen Verbesserung der Atemwege und bringen allergiegeplagten Menschen Erleichterung im Alltag.
Projekt WinHealth – gesundheitstouristische Winterpotenziale im alpinen Raum
WinHealth steht abgekürzt für “Winter Health” und ist ein EU-gefördertes Projekt, das mit knapp einer Million Euro von der EU gefördert wird. Acht bestehende Partner in den Regionen Salzburg, Tirol, Südtirol und Udine bemühen sich im Zeitraum von November 2016 bis April 2019, den derzeit auf den Sommer fokussierten Gesundheitstourismus auch in der alpinen Wintersaison zu etablieren. Auf Basis wissenschaftlich fundierter gesundheitstouristischer Winterangebote ist es das erklärte Ziel, in ausgewählten Pilotregionen neue Geschäftsfelder zu erschließen und sie damit als Winter-Gesundheitsregionen zu positionieren. Dabei stehen drei Kernelemente im Zentrum: Natürliche Gesundheitsressourcen (feinstaubarme, kalte Luft, Höhenlage), Bewegung – „White Exercise“ (Mix aus Wintersportarten) – und die Betriebliche Qualifizierung.
In allen vier am Projekt teilnehmenden WinHealth-Partnerregionen Tirol, Salzburg, Südtirol und Friaul-Julisch Venetien wird bereits intensiv daran gearbeitet, geeignete Natur- und Kulturstätten für den Gesundheitstourismus zu aktivieren. Das Neue an WinHealth ist, dass nur auf Basis evidenzbasierter Studiendaten entschieden wird, ob ein neues Angebot sinnvoll ist. Seit Kurzem aufliegende Analysen zeigen, dass Kunden gesundheitsfördernde Leistungen eher in Anspruch nehmen, wenn eine wissenschaftliche Evidenz in Bezug auf die gesundheitlichen Effekte vorliegt. Darüber hinaus sollten die jeweiligen gesundheitstouristischen Ansätze bestehende Angebote gut ergänzen können und maßgeschneidert in die Region passen. Auch das stärkt die Bindung des multioptionalen, anspruchsvollen Gastes an die Region.
WinHealth “Quo vadis”?
Nach erster Analyse der Partnerregionen und ihrer Betriebe und dem gleichzeitigen Herausfiltern der speziellen gesundheitsspezifischen Möglichkeiten wird anhand der Studienergebnisse nun die Produkt- und Dienstleistungsentwicklung gestartet. Den Abschluss bereitet die letzte Projektphase mit einer Qualifizierung der Angebotsanbieter vor. Ziel ist es, anhand des Evaluationsprozesses ein qualifiziertes Angebot im Tourismus zu erstellen. Ein Kernelement des Projekts ist die wissenschaftliche Herangehensweise, um als Vorreiter für eine gezielte und nachhaltige Etablierung von Gesundheitstourismus voranzugehen.
Es ist ein langer Weg, aber Maßarbeit braucht eben seine Zeit.
Markt- und Zielgruppenanalysen sind bereits erhoben, die Studienergebnisse werden derzeit ausgewertet. Die Ergebnisse werden Anfang des Jahres 2018 erwartet. Wir sind schon gespannt – und halten euch auf dem Laufenden!
Hier geht’s zur Facebook-Seite vom WinHealth-Projekt.
Partner des Projekts WinHealth: Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg – Privatstiftung, Private Universität für Gesundheitswissenschaften, medizinische Informatik und Technik (UMIT), Provincia di Udine, IDM Südtirol – Alto Adige, Tiroler Zukunftsstiftung, Fachhochschule Salzburg, Tourismusverein Ritten, Brixen Tourismus Genossenschaft.
Das Projekt WinHealth ITAT2015 ist gefördert durch Mittel der EU aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und Interreg V-A Italien-Österreich 2014-2020.