Longevity & Medical Wellness – ähnlich und doch verschieden?
17. Juni 2025„Longevity“ ist als Trendthema aktuell sehr populär. Den Begriff „Medical Wellness“ gibt es schon viel länger. Die große Frage ist nun: Wo liegen die Gemeinsamkeiten und wo die Unterschiede? Wir haben uns mit Judith Ertler-Hofer, Recruiterin für die Spa-Branche und Ambassador für den Medi Wellness Congress auf Spurensuche begeben und bei der Gelegenheit nachgefragt, was es in Sachen Medical Wellness Neues gibt.

Du bist beim Medi Wellness Congress, der kürzlich erstmalig in der Schweiz stattgefunden hat, Ambassador. Welche neuen Erkenntnisse im Zusammenhang mit Medical Wellness gibt es zu berichten?
Genau, mittlerweile moderiere ich den Kongress auch. Diesjähriges Thema war „Integrating mental well-being into the spa ecosystem” – ein Thema, das aktueller nicht sein könnte. Besonders spannend fand ich den Beitrag von Dr. Filippo Ongaro, der betonte, wie wichtig gezieltes Krafttraining und ein aktiver Lebensstil für die mentale und körperliche Gesundheit sind.
Interessanterweise spiegelt sich dieser Trend auch gesellschaftlich wider – etwa in der Gen Z, die geradezu massenhaft ins Gym strömt. Ein Artikel im Zeit Magazin brachte es treffend auf den Punkt: „Geht es dabei nur um Körperkult – oder steckt darin auch das Bedürfnis nach Stabilität und Selbstwirksamkeit?“ In jedem Fall zeigt sich: Körperliche Stärke und seelisches Wohlbefinden sind eng miteinander verknüpft. Krafttraining ist natürlich nur ein Aspekt.
Außerdem ging es auch um die Integration traditioneller und moderner Therapieformen, die Vorteile von Ozon und IV-Therapie in Medical Wellness und die Rolle von Spas bei der Förderung des emotionalen Gleichgewichts.

„Medical Wellness“ und „Longevity“ werden oftmals synonym genannt. Was sind die Gemeinsamkeiten und wo gibt es dennoch Unterschiede?
Medical Wellness richtet sich an gesundheitsbewusste Menschen, die präventive Medizin mit Erholung verbinden möchten – etwa durch Stressmanagement, Bewegung oder Detox in einem ärztlich begleiteten Spa- oder Resort-Setting. Auch Kuren abseits der Sozialversicherung wie z.B. im Lanserhof oder in den Viva Mayr Klinken. Im Vordergrund stehen das aktuelle Wohlbefinden und der aktuelle Gesundheitszustand, nicht zwingend die Lebenserwartung und -qualität zu verlängern, wie im Longevity-Bereich.
Longevity zielt darauf ab, die gesunde Lebensspanne gezielt zu verlängern – durch wissenschaftlich fundierte Interventionen wie Genanalysen, personalisierte Medizin und altersverlangsamende Therapien und auch „Biohacking“. Die Programme richten sich an Menschen, die aktiv und datenbasiert gegen altersbedingte Veränderungen vorgehen möchten – oft in spezialisierten Kliniken oder durch digitale Monitoring-Systeme.
Aktuell hat man das Gefühl, dass beide Konzepte, Longevity und Medical-Wellness, sehr produktlastig und technisch sind. Sollte das Augenmerk mehr auf Achtsamkeit, Meditation, Ganzheitlichkeit gelenkt werden, die wir aus traditionellen Asiatischen Konzepten kennen?
Dadurch, dass beide Konzepte stark auf datenbasierten und somit großteils messbaren Behandlungen basieren, scheint es natürlich oft technisch. Dazu kommt der kulturelle Hintergrund. Im DACH-Raum steckt uns eben noch das Schema: „Krank – Intervention – Gesund“ in den Knochen. Zudem ist unsere Gesellschaft sehr schnell und performanceorientiert.
Den traditionellen asiatischen Konzepten und generell auch spirituellen Ritualen aus Mittelamerika liegt eine anderes Wertegefüge zu Grunde. Natürlich macht es Sinn, über den Tellerrand zu sehen – in allen Belangen. Das Zitat von Peter Drucker „Culture eats strategy for breakfast“ zeigt sich auch hier. Die technischen und messbaren Methoden entsprechen unserer Prägung und Kultur und sind daher stark vertreten.
Du warst auch schon in Lateinamerika und Asian als Dozentin aktiv. Welche Rolle spielt hier Medical Wellness und welche Trends sollte Europa im Blick haben?
Medical Wellness in Asien können medizinische Kliniken in Thailand sein, die wie ein Hotel anmuten, in denen das volle medizinische Leistungsspektrum auf hohem Niveau und in einem luxuriösen Setting stattfindet. Aber auch Chiva Som oder Zulal Resorts mit medizinischen Angeboten in einem touristischen Resort. In Lateinamerika versteht man unter Medical Wellness unterdessen hauptsächlich Schönheitsoperationen. Auch das ist ein Statement für kulturelle Prägung und ein Wertegefüge.
Trends, die Europa im Blick haben sollte: definitiv die Servicequalität. Rekrutierung und das Training der Mitarbeiter:innen ist eine echte Herausforderung und ein full-time-job. Nur damit wird ein Gästeerlebnis erst möglich.
Vielen Dank, liebe Judith Ertler-Hofer, Ertler Executive Search, dass du dir die Zeit genommen hast, uns einen Einblick in aktuelle Entwicklungen rund um Medical Wellness, Longevity und internationale Perspektiven zu geben. Wir wünschen weiterhin viel Erfolg beim Medi Wellness Congress.