Welche Retreats kommen bei Gästen an und was ist zu beachten?

19. August 2025

Wellbeing Retreats boomen. Doch während vor einigen Jahren noch Yoga das Non plus ultra war, schwören Spa-Hotels heute auf Longevity. Doch was muss hier beachtet werden und kann der Trend nach Selbstoptimierung auch zu Lasten der Achtsamkeit führen? Johannes Mikenda, Head of Yoga & Wellbeing im Schloss Elmau verrät, worauf es ankommt und gibt Einblicke, wie Diagnostik und Naturerfahrung kombiniert werden können. Außerdem haben wir nachgefragt, was für den Yoga-Enthusiasten DAS große Spa-Thema 2030 ist.

Johannes Mikenda, Head of Yoga & Wellbeing im Schloss Elmau. Foto: Schloss Elmau/Hanna Witte
Johannes Mikenda, Head of Yoga & Wellbeing im Schloss Elmau. Foto: Schloss Elmau/Hanna Witte

Lieber Johannes, du bist in deiner Funktion für Yoga & Wellbeing Retreats im Schloss Elmau verantwortlich. Welche Retreats kommen aktuell am besten bei euren Gästen an?

Aktuell sind Retreats gefragt, die auf sanfte, langfristige Veränderungen zielen – ganz besonders, wenn es um nachhaltigen Gewichtsverlust, Steigerung der Fitness und Stressreduktion geht. Viele Gäste kommen mit dem Wunsch nach körperlicher Veränderung, aber das tieferliegende Thema ist meist etwas anderes: das Bedürfnis nach Stabilität, Klarheit und innerer Ausrichtung. Bemerkenswert ist, dass rund zwei Drittel der Gäste, die über unsere Retreats zu uns finden, anschließend individuelle Arrangements buchen. Das zeigt uns: Der Wunsch nach persönlicher Betreuung und maßgeschneiderten Lösungen nimmt zu.

Wir beginnen immer mit einer wissenschaftlich fundierten Diagnostik – inklusive Spiroergometrie, Grundumsatzmessung, Körperanalyse und einer 4D-Bewegungsanalyse. Darauf aufbauend entwickeln wir Programme, die individuell zugeschnittene Workouts, mentale Strategien und Routinen für den Alltag beinhalten. Dabei geht es nicht um Perfektion, sondern um Umsetzbarkeit – und genau das schätzen unsere Gäste.

Workout mit Ausblick. Foto: Schloss Elmau/Thomas Straub
Workout mit Ausblick. Foto: Schloss Elmau/Thomas Straub

Du hast mir im Vorgespräch erzählt, dass ihr auch ein Longevity-Retreat anbietet. Auf was achtet ihr? Aktuell hat man ja das Gefühl, dass der Begriff schon etwas inflationär gebraucht wird.

Ja, das beobachten wir auch. „Longevity“ wird oft als Trendbegriff verwendet, ohne Substanz. Für uns ist Langlebigkeit kein Modethema, sondern ein natürlicher Nebeneffekt eines gesunden Lebensstils. Wir verstehen Longevity ganzheitlich – nicht als technische Lebensverlängerung, sondern als qualitative Lebenszeit: vital, bewusst und selbstbestimmt.

Unser Ansatz basiert auf den fünf Säulen Bewegung, Ernährung, mentale Gesundheit, guter Schlaf und unterstützende Rituale. Wir orientieren uns an einem salutogenetischen Prinzip: Es geht nicht darum, mit Verboten zu arbeiten, sondern Stärken zu entwickeln und realistische, alltagsnahe Gewohnheiten zu etablieren. Die langfristige Wirkung entsteht aus der Wiederholung – nicht aus der radikalen Veränderung. Deshalb legen wir großen Wert auf persönliche Begleitung, fundierte Analysen und eine spürbare Verankerung im Alltag unserer Gäste.

Fundierte Diagnostik. Foto: Schloss Elmau/Hanna Witte
Fundierte Diagnostik. Foto: Schloss Elmau/Hanna Witte

Während vor einigen Jahren Yoga verbunden mit Achtsamkeit und Natur DAS Thema im Spa war, sind heute Digitalisierung und der schnelle Erfolg im Äußeren wieder das Maß aller Dinge. Wie siehst du diese Entwicklung?

Das war eine Zeit lang tatsächlich so – und noch vor drei Jahren hätte ich dieser Einschätzung zugestimmt. Aber wir erleben gerade eine Wende. Während Vitaldaten-Tracking, Pulszonen-Training und App-gesteuerte Fitness lange an Bedeutung gewonnen haben, sehnen sich heute viele wieder nach Einfachheit und Natürlichkeit. Unsere Gäste wollen raus aus der ständigen Selbstvermessung – hin zu mehr Intuition, Freude und digitalfreier Zeit.

Im Gym wird das besonders deutlich: Es wird wieder mehr frei trainiert, mit Kleingeräten oder ganz ohne Equipment. Auch bei Yoga und Achtsamkeit hat sich viel getan. Der „Trend“ ist vorbei – einfach, weil beides in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Yoga ist kein Add-on mehr, sondern Standard. Die Qualität entscheidet – und Authentizität wird wichtiger als Show.

Yoga-Einheit mit Johannes Mikenda Foto: Schloss Elmau/Hanna Witte
Yoga-Einheit mit Johannes Mikenda Foto: Schloss Elmau/Hanna Witte

Ihr bietet auch „Mindful Walks“ an. Wie laufen diese genau ab und wie kann man das Gelernte in den Alltag übernehmen?

Der „Mindful Walk“ ist ein sehr besonderer Moment in unseren Retreats – und immer der bewusste Abschluss einer intensiven Woche. Viele Teilnehmer:innen haben bis dahin einen fünftägigen Meditationskurs gemacht, Yogastunden besucht, beim Eisbaden ihre Komfortzone verlassen. Der Mindful Walk bringt all diese Erfahrungen in die Natur.

Wir führen die Gruppe über einen achtsam gestalteten Weg. Im Fokus stehen einzelne Sinne – etwa das bewusste Hören, Sehen, Fühlen – begleitet durch kurze Meditationen. Ein zentrales Element ist eine spannende Gruppenmeditation, gefolgt von einer ca. 20-minütigen Naturerfahrung in völliger Ruhe. Dabei entsteht oft ein tiefer Zugang zum Moment, Einsicht in die Funktionsweise des Unterbewusstseins und – im besten Fall – ein echtes Erleben von Präsenz.

Was uns wichtig ist: Diese Erfahrung soll kein einmaliges Retreat-Erlebnis bleiben. Wir zeigen, wie sich Achtsamkeit in kleinen, informellen Übungen in den Alltag integrieren lässt – sei es durch achtsames Gehen zur Arbeit, kurze Atempausen oder bewusste Sinneseindrücke. So entsteht Resilienz – nicht durch Theorie, sondern durch gelebte Praxis.

Diagnostik im Schloss Elmau. Foto: Schloss Elmau/Thomes Straub
Diagnostik im Schloss Elmau. Foto: Schloss Elmau/Thomes Straub

Du bist am Puls der Zeit. Was würdest du sagen ist DAS große Spa-Thema im Jahr 2030? Es sind nur mehr 5 Jahre bis dahin.

Ich glaube, das große Spa-Thema 2030 wird echte Verbindung sein. In einer Welt, in der künstliche Intelligenz viele Prozesse übernimmt, bleibt das, was uns wirklich menschlich macht, als Alleinstellungsmerkmal übrig: Aufmerksamkeit, Empathie, Mitgefühl.

Natürlich wird KI auch in der Spa-Welt ihren Platz haben – etwa in der Diagnostik, in der Planung, in der Analyse. Aber das gemeinsame Erleben, das tiefe Zuhören, das achtsame Miteinander – das bleibt uns vorbehalten. Die Sehnsucht nach Echtheit, Natur und sozialer Resonanz wird noch weiter wachsen.

Ich bin überzeugt: Der Spa wird sich stärker zu einem Erfahrungsraum für menschliches Miteinander entwickeln. Es braucht dafür Persönlichkeiten, die selbst auf diesem Weg sind – reflektiert, bewusst und präsent. Das Spa-Team der Zukunft wird mehr sein als Dienstleister – es wird Begleiter sein. Und genau darin liegt unser größtes Potenzial.

Vielen Dank, lieber Johannes Mikenda für deinen Einblick in die Yoga & Wellbeing Retreats im Schloss Elmau.


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