KI im Spa: zwischen Hightech und High Touch
Das Interesse an Künstlicher Intelligenz ist groß. Doch die wenigsten wissen, wie sie KI in die eigenen Prozesse tatsächlich sinnvoll integrieren. Björn Seidel von Re:Guest aus Meran hat am SpaCamp 2024 dazu eine vielbeachtetet Session gehalten. Wir haben genauer nachgefragt und wollten wissen, wo man am besten als Spa-Hotel startet und wie KI bei der Individualisierung punktet. Spannend ist auch die Frage, ob denn durch den Wunsch nach Hightech auch das Bedürfnis nach High Touch steigt.
Wo sollte man als Spa-Hotel starten, um erste Erfahrungen (und auch Erfolge) zu sammeln?
Für Spa-Hotels, die erste Schritte in Richtung KI-Integration machen möchten, gibt es einige gezielte Bereiche, um sowohl Erfahrungen zu sammeln als auch sichtbare Erfolge zu erzielen:
- Personalisierte Kundenkommunikation
- Datenanalyse für Kundenpräferenzen
- Optimierung von Terminplänen und Ressourcenzuteilung
- Virtuelle Assistenten
Als Startpunkt empfehle ich, mit der Implementierung einer KI-basierten Chat- oder Buchungslösung zu beginnen. Diese Technologie ist verhältnismäßig leicht einzuführen und zeigt schnell einen Mehrwert durch verbesserte Gästeerfahrungen und Entlastung des Personals. Von dort aus lässt sich der Einsatz auf weitere Bereiche ausweiten. Generell sollten Pilotprojekte in kleineren Bereichen beginnen. Ich rate dazu, deren Effektivität anhand von klar definierten KPIs zu überprüfen und die Ansätze nach Bedarf anzupassen.
In deiner SpaCamp-Session hast du davon gesprochen, dass KI bei der Individualisierung auf Basis von Gesundheitsdaten punkten, d.h. personalisierte Wellnesspläne, Fitnessprogramme und Ernährungsvorschläge erstellen kann. Was ist hier konkret möglich? Wie sieht es mit sensiblen Gesundheitsdaten aus?
Der Anteil der Bevölkerung in der DACH-Region, der Fitness- und Gesundheits-Apps verwendet, liegt im Bereich von 25 bis 35 %. Besonders unter jüngeren Altersgruppen und gesundheitsbewussten Nutzern ist die Nutzung stark verbreitet. Durch sichere APIs (dt. Programmierschnittstellen) können bestehende Gesundheits-Apps nahtlos mit KI-Tools verbunden werden. So erhalten Hotels Zugang zu relevanten Daten, ohne diese direkt zu speichern.
Wichtig ist, dass Gäste darüber klar informiert werden und ihre Zustimmung zu Datennutzung erteilen. Für die Auswertung gibt es speziell auf die Gesundheits- und Fitnessdaten ausgelegte Plattformen, welche in meiner Betrachtung, aber noch zu globig sind für einen klassischen Betrieb; ein Start-Up steht sicherlich bereits in den Startlöchern, um diese Herausforderung anzunehmen.
Die ePA (elektronische Patientenakte) kann als eine zusätzliche Datenquelle dienen, um umfassende Gesundheitsprofile zu erstellen. Nach meinem Kenntnisstand müssen Gäste aktiv zustimmen, dass ihre ePA-Daten für Wellness-Programme verwendet werden. Diese Zustimmung erfolgt typischerweise über die App der jeweiligen Krankenkasse. Gesundheitsdaten in der ePA sind stark verschlüsselt und können nur von berechtigten Personen eingesehen werden. Grundsätzlich muss auch von einem Erholungsaufenthalt zu einem Gesundheitsaufenthalt unterschieden werden.
Instant Messenger, WhatsApp und Chatbots bieten eine direkte Interaktionsmöglichkeit mit dem Gast. Wie lernt die KI das individuelle Wording des Hotels? Was muss auch weiter der Mensch machen?
KI-Technologien wie Natural Language Processing (NLP) und Machine Learning (ML) verbessern die direkte Interaktion mit Gästen über Instant Messenger, WhatsApp und Chatbots. Durch Personalisierung und Datenintegration aus CRM-Systemen lernt die KI das individuelle Wording des Hotels und passt sich an die Kommunikationspräferenzen der Gäste an. Sie nutzt Trainingsdaten, wie FAQ-Daten und historische Gespräche, um den gewünschten Ton und Stil des Hotels zu übernehmen.
Der Mensch bleibt wichtig für komplexe Anfragen, emotionale Intelligenz und kreative Antworten, während KI bei Routineanfragen und Standardkommunikation effizient unterstützt. Authentische Unterstützung durch KI umfasst das Automatisieren von Reservierungen, das Geben von Empfehlungen und das Beantworten häufiger Fragen. Menschen bleiben jedoch unverzichtbar für die Wahrung der Empathie und Vertrauen in der Kommunikation.
Du hast in deiner Session gesagt, dass das Gefühl von Geborgenheit durch menschliche Berührung oder das direkte Gespräch nicht durch Technologie ersetzt werden kann. Wird durch Hightech das Bedürfnis nach High Touch sogar höher?
Ja, das Bedürfnis nach High Touch könnte durch den verstärkten Einsatz von Hightech sogar noch steigen. Während Technologie viele Prozesse effizienter und bequemer macht, bleibt der Wunsch nach authentischen, menschlichen Erlebnissen und persönlicher Interaktion bestehen. Der Einsatz von Hightech in Bereichen wie Chatbots, KI und automatisierten Services sorgt für Komfort und Geschwindigkeit, aber er kann das tiefere Bedürfnis nach Empathie, Zuwendung und emotionale Bindung nicht ersetzen, die oft durch menschliche Berührung und das persönliche Gespräch entstehen.
Die Technologie kann den Gästen zwar eine schnelle und präzise Serviceerfahrung bieten, aber gerade in Bereichen wie Wellness, Gastfreundschaft oder Hotellerie, wo das Gefühl von Geborgenheit und Verbindung wichtig ist, kann das Fehlen eines menschlichen Elements dazu führen, dass Gäste sich weniger wohl fühlen. Hightech mag also das Bedürfnis nach High Touch nicht verdrängen, sondern es sogar verstärken. Gäste könnten sich nach einer authentischen menschlichen Verbindung sehnen, nachdem sie durch Technologie „vermittelt“ wurden.
In der Praxis könnte dies zu einer Symbiose von Hightech und High Touch führen, in der Technologie die Effizienz steigert, während der Mensch die emotionale Intelligenz und Fürsorge bietet, die oft für eine rundum positive Erfahrung sorgen.
Was wird KI deiner Meinung in 10 Jahren alles können? Und was auch nicht in 25 Jahren?
In den nächsten 10 Jahren wird KI in der Lage sein, hyper-personalisierte Erlebnisse zu schaffen, emotionale Intelligenz zu entwickeln und manuelle sowie kognitive Aufgaben zu automatisieren. Sie wird in Bereichen wie kreativer Inhaltserstellung und virtuellen Welten eine bedeutende Rolle spielen. In 25 Jahren könnte KI eine Allgemeine Künstliche Intelligenz (AGI) erreichen, die menschliche Denkprozesse in allen Bereichen übertrifft und den Menschen mit Maschinen verbindet, um ihre Fähigkeiten zu erweitern. Dennoch wird KI niemals echtes Bewusstsein oder subjektive Erfahrung besitzen und könnte keine moralische Verantwortung übernehmen. Kreative Originalität und tiefes intuitives Verständnis bleiben ebenfalls menschlich. KI wird also als leistungsstarkes Werkzeug agieren, jedoch nicht in der Lage sein, die menschliche Essenz zu ersetzen.
Vielen Dank, lieber Björn Seidel von Re:Guest für deine Session beim SpaCamp 2024 sowie den Einblick in die Welt der KI und die Ausblick in die Zukunft mit KI.