Neue Ansätze und Tipps “To Go” – die SpaCamp-Sessions in Raum 2
Kooperation statt Konkurrenz, Longevity, Genuss & Gesundheit, Digital Detox, Wechseljahre, Workation, Neuro-Marketing, Spa-Leadership, GenZ. Auf den ersten Blick ein ziemlich buntes Themenpotpourri, welches den Teilnehmer:innen in Raum 2 beim SpaCamp 2024 geboten wurde. Alle Impulse und Diskussionen hatten allerdings eines gemeinsam: Sie brachten spannende Perspektiven auf brisante Themen und sparten nicht mit Expertise, hilfreichen Ideen, neuen Ansätzen und Tipps „To Go“ zum Nachdenken und Nachmachen.
Zeit für ein Upgrade: Die Spa- und Wellnessbranche als moderner Arbeitgeber
Wenn wir von Mitarbeiter:innen in der Spa- und Wellnessbranche sprechen, dann kommen wir beim SpaCamp um das Thema Fachkräftemangel nicht herum. Und das schon seit einigen Jahren. Das Berufsfeld verträgt einerseits einen Attraktivitäts-Boost und anderseits neue Ansätze und Kräfte, die dem Personalmangel entgegenwirken.
Impulse lieferte zum einen die Session von Marlis Minkenberg, die sich für Kooperation statt Konkurrenz stark machte. Wer händeringend nach Personal sucht, dem kommen kooperative Strategien mit Mitbewerbern vielleicht nicht als erstes in den Sinn. Dass diese Bemühungen allerdings von Erfolg gekrönt sein können, zeigte sie eindrucksvoll durch Best Practices in unterschiedlichen Bereichen. In St. Peter Ording zum Beispiel geht man den Weg von der Arbeitgebermarke zur Arbeitgeberregionsmarke. Die Extrameilen scheinen sich für alle Beteiligten zu lohnen.
Die Diskussion mit Thomas Böhlefeld von Kommitment im Fishbowl-Setting führte durch das Spannungsfeld zwischen betrieblichen Zielen, glücklichen Gästen, zufriedenen Mitarbeiter:innen und Spa-Manager:innen. Wie jongliert man zum Beispiel die Bälle der Dienstplanerstellung gekonnt, ohne dass Kunden, Kolleg:innen oder Vorgesetzte zu kurz kommen? Weites Vorausplanen, das Pflegen von externen Aushilfs-Netzwerken, das Miteinbeziehen der Mitarbeiter:innen in die Dienstplanerstellung oder auch das Schulen von Mitarbeiter:innen für den Einsatz in anderen Bereichen waren genannte Möglichkeiten, um Stress in der Dienstplanerstellung sowie Stress durch spontanes Kompensieren von Ausfällen zu vermeiden. Konkrete Ideen gab es auch in Bezug auf unbeliebte Feiertags- und Wochenenddienste. Ein Preisaufschlag von 10% für Behandlungen an diesen Tagen könnte an diensthabende Mitarbeiter:innen weitergegeben werden und damit diese Dienste attraktiver machen.
Margarethe Lissy von ReLounge beschrieb hybride Angebote im Spa als Gamechanger – zum einen um den Fachkräftemangel, zum anderen aber auch die steigenden Kosten auszugleichen. Spa-Manager:innen sind unter anderem dafür zuständig, die Belastungsgrenzen ihrer Mitarbeiter:innen im Auge zu behalten und entsprechend zu agieren, um Ausfälle und eine starke Fluktuation zu vermeiden. Sie spricht ebenso davon, Arbeitsplätze im Spa zeitgemäßer zu gestalten und sieht hybride Konzepte als absolut notwendig. Technologische Aspekte können das Personal entlasten, den Umsatz steigern, Ressourcen schonen, Ergänzungsangebote bieten, eine konstante Qualität garantieren und sind noch dazu 24/7 für Gäste verfügbar.
Was einen attraktiven Arbeitgeber auf jeden Fall ausmacht, ist das Erkennen und Eingehen auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen. Ein besonderes Augenmerk legten Anita Kröger-Heß und Anne Wilken vom Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern mit deren Session auf Frauen in den Wechseljahren – nach wie vor ein Tabuthema, wie wir feststellen mussten. Dabei ist es wichtig, dass betroffene Frauen ganz offen über etwaige Symptome und Bedürfnisse sprechen. Wir sind leider noch weit davon entfernt, dass dieses Thema im privaten, noch weniger im Arbeitsumfeld offen besprochen wird. Umso wichtiger ist es, dass mutige Frauen selbstbewusst voran gehen und die Wechseljahre zum Thema machen. Dabei gilt es zwei wichtige Aspekte zu beachten: die Eigenverantwortung der Frauen, in dieser Zeit gut auf sich zu achten und die Eigenverantwortung der Frauen, besondere Bedürfnisse in dieser Zeit bei Vorgesetzten anzusprechen.
Angebot und Nachfrage 2024: Sind wir bereit für Digital Detox, Workation, GenZ-Fitness und hybride Angebote im Spa?
Um ehrlich zu sein: wir müssen! Egal ob Angebote in den oben genannten Bereichen bereits dezidiert angefragt werden oder nicht. Diese Trends kommen und werden erst einmal eine Weile bleiben.
Alle, die Spa & Wellness konsumieren, sind gleichzeitig auch digitale User. Die Zeit, die wir am Bildschirm verbringen ist exorbitant hoch – sei es am Smartphone, Computer oder vor anderen digitalen Geräten. Und dafür sind wir Menschen (bzw. unsere Augen) nicht gemacht. Die gute Nachricht: Die Zielgruppen für Angebote rund um den digitalen Stressabbau sind laut Kerstin Herter eigentlich alle. Visualtraining kennt man bisher aus dem Hochleistungssport, macht aber inzwischen auch im Spa Sinn. Digital-Detox-Angebote können ohne großes Investment kreiert und integriert werden. Gruppenübungen im Spa, Vorträge zum Thema, Testungen mit entsprechendem Equipment, angeleitete Augenübungen während Einwirkzeiten oder kleine Mitnehmübungen für zuhause kosten nicht viel, bringen aber einen Mehrwert.
Catrin Stoppa und Tanja Klindworth begeben sich nicht nur regelmäßig auf Workation, sie haben diesen Trend auch als Diskussion zum SpaCamp mitgebracht. Workation hat ein riesiges Potenzial, das in der konventionellen Hotellerie und außerhalb des deutschsprachigen Raums bereits gut vermarktet wird. Im Spa gibt es entsprechende Angebote noch weniger bis gar nicht. Was es braucht, um für Workation-Reisende attraktiv zu sein, sind neben gezielten Angeboten auch gute (Büro-)Ausstattung, ein schnelles WLAN und vor allem Räume für Austausch, Begegnung und Inspiration. Menschen in Workation erwarten ein schönes Hotelzimmer zum Arbeiten, aber noch mehr ein inspirierendes Umfeld.
Auch was Sport und Bewegung im Spa betrifft, stellt die junge Generation neue Ansprüche. Die sogenannte GenZ definiert sich über Werte wie Self-Love, Mindfulness, Authentizität, Transparenz, Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung und Selbstverwirklichung. Sie sind Digital Natives, denen eine ausgewogene Work-Life-Balance enorm wichtig ist. Was bedeutet dies nun für das Angebot im Spa? Laut Markus Duller von Life Fitness braucht es eine neue Positionierung! Wer auf Mindful- und Outdoor-Workouts, Themen wie Körperakzeptanz und Wohlbefinden, nachhaltiges Equipment oder sogar stromlose Geräte, interaktive Gemeinschaftskurse, Online-Fitness-Communities oder auch KI-gestützte oder AR/VR-Workouts setzt, spricht die Sprache der Zielgruppe. In welche Richtung man sich tatsächlich positioniert hängt natürlich nicht nur von der GenZ, sondern vor allem vom Konzept des Hauses ab.
Genuss, Gesundheit, KI – quo vadis Spa?
Was suchen Gäste im Spa heute und morgen und übermorgen? Eine Frage, die wir uns beim SpaCamp (zum Glück!) regelmäßig stellen. Geht es um Genuss oder Gesundheit? Um Ratio oder Emotio, bewährte Rituale oder neue Ansätze, um Menschen oder Maschinen? Im Spa der Zukunft wird all das einen Platz haben.
Hans-Peter Veit und Natascha Saar vom Appenzeller Huus in der Schweiz diskutierten in ihrer Session darüber, wieviel Genuss gesundheitsförderlich sei und wie Genuss mit Gesundheit in Einklang gebracht werden kann. Laut einer Studie führt ein genussvolles Leben zu einer besseren Gesundheit – doch ein genussvolles Leben definiert jeder individuell. Es gibt also kein pauschales Genuss-Angebot, das Gästen zu guter Gesundheit verhilft. Vielmehr geht es um die Frage, was für das Individuum Genuss bedeutet. Und beim Aufspüren der Antwort, kann ein Spa sehr wohl behilflich sein. Der Weg zum Genuss führt über die Sinne und benötigt eine gehörige Portion Präsenz. Was einfach klingt, haben viele Menschen – auch durch die permanente Reizüberflutung und Außenorientierung – verlernt.
Das Spa kann der Ort sein, wo sich Räume für achtsame Momente öffnen. Eine schöne Idee aus dem Publikum war jene, den Gästen eine „Anleitung“ zum Genießen des Abendessens an die Hand zu geben. Mit Fragen wie: „Wie schmeckt das? Wo spüre ich den Geschmack auf der Zunge?“ kann man einen Gast entgegen seinen Gewohnheiten an das achtsame Genießen von einfachen Dingen heranführen. Wenn es dem Spa also gelingt, den Gast – womit auch immer – zum Genuss zu verführen, dann zahlt dies ohne Zweifel auf sein Gesundheitskonto ein.
Apropos „zum Genuss verführen“: Cem Yücetas von aicall.io entschlüsselte in seiner Impuls-Session wissenschaftliche Erkenntnisse aus dem Neuro-Marketing. Wusstest du, dass 95% unserer Handlungen emotional gesteuert sind? Demnach liegt das Geheimnis einer Handlungssteuerung eindeutig im Steuern von Emotionen. Und Emotionen brauchen Kontext. Will ich Wellnessprodukte verkaufen, wird dies in einer gemütlichen Atmosphäre mit Wärme und wohligem Duft eher gelingen als in einem nüchternen, kalten Raum.
Bei Fitnessprodukten hingegen, kann eine kühle Umgebung, die den Körper anspannen lässt, durchaus dienlich sein. Wer sich an den limbischen Typen orientiert, arbeitet mit einem guten Leitfaden für die Kontext-Kreation für die jeweilige Zielgruppe. Wie oben bereits erwähnt, sind wir Menschen für die Reizüberflutung unserer Zeit nicht gemacht. Daher empfiehlt sich im Spa immer ein reduziertes, aber bewusstes Setzen von Reizen. Zu wissen, wie Neuro-Marketing wirkt und wozu KI in der Lage ist, erlaubt einen spannenden Blick in die Zukunft. Virtuelle Assistenz-Coachings, emotionale Datenanalyse und eine vollständig automatisierte Bindung klingen noch fern in der Zukunft. Tatsache ist, dass jegliche Daten, die generiert werden, (auch heute schon!) genutzt werden können.
Vielen Dank an alle Teilnehmer:innen die ein Thema eingereicht haben und eine Session geleitet haben. Alle Sessions vom SpaCamp 2024 findest du hier. Die Sessions aus Raum 1, dem Ballsaal, werden wir nächste Woche beleuchten!