Medical Wellness: Wie viel „Medical“ verträgt ein Wellnesshotel?

Wellnesshotel mit Medical-Spa-Elementen, Medical Spa mit Wellnessangeboten oder doch ganz strikt das eine oder das andere? Wir haben mit Stefan Nungesser, FH Kärnten und Karin Niederer, Kohl & Partner über Medical Wellness und den damit verbundenen Erfolgschancen und Risikofaktoren gesprochen. Welche globalen Veränderungen den Medical Spas gerade Auftrieb verleihen könnten, verraten die beiden im Interview.

Wie viel „Medical“ verträgt ein Wellnesshotel?" Foto: AdobeStock/rocketclips

Wie viel „Medical“ verträgt ein Wellnesshotel?” Foto: AdobeStock/rocketclips

Wie definiert sich ein Medical Spa? Was ist notwendig?

Wir orientieren uns bei der Definition an den Wellness Hotels & Resorts. Demnach geht es bei einem Medical Spa vor allem um die Förderung der Eigenverantwortung und um das Gesundsein (die sogenannte Salutogenese). Mit Maßnahmen der Verhaltensmedizin sollen Wellness- und Gesundheitsurlauber:innen gesund erhalten werden – und dies (zwingend) mit einschlägig qualifizierten Mitarbeiter:innen aus dem Medizinsektor.

Worin unterscheiden sich erfolgreiche von weniger erfolgreichen Medical-Spa-Konzepten?

Es gibt wenige erfolgreiche Gesundheitsbetriebe und Medial-Spa-Konzepte, die schon seit Jahren den medizinischen Weg verfolgen. Eines dieser Beispiele ist der „Lanserhof“ mit dem davon abgeleiteten „Lanserhof Concept“ und mehreren Standorten in Europa. Diese Betriebe sind allerdings nicht mit klassischen Wellnesshotels zu vergleichen, die zum typischen Wohlfühlangebot zusätzlich gesundheitswirksame Leistungen anbieten.

Dafür braucht es in jedem Fall – wie bei allen Hotelkonzepten – eine durchdachte Konzeption, die vor allem detailliert durchgerechnet ist. Ebenso baut ein solches Konzept auf Ärztinnen und Ärzte, die permanent vor Ort sind. In den meisten Betrieben haben sich jedoch Angebote in Form von sogenannten „Visiting Practitioners“ etabliert, deren Leistungen für einen bestimmten Zeitraum von extern zugekauft werden.

Wie sieht die Zielgruppe aus und wie kann man diese noch breiter fassen als bisher?

Klar ist, dass die Nachfrage nach Prävention und Gesundheitsvorsorge ständig zunimmt – und dies nicht erst seit der Pandemie. Dennoch haben die Lockdowns zu spürbaren Verhaltensänderungen in der Gesellschaft geführt. Die Auswirkungen machen sich unter anderem dadurch bemerkbar, dass in Spas verstärkt versucht wird die entstandenen physischen und psychischen Defizite (z.B. Bewegungsmangel, Bedürfnis nach Berührung) auszugleichen. Die Erwartungen der Gäste sind sehr hoch und das erfordert eine zunehmend hohe Personalisierung, Beratung, Betreuung und Verwaltung samt effektivem Datenmanagement.

Demografisch gesehen gehen jüngere Menschen sorgsamer mit ihrer Gesundheit um. Foto: AdobeStock/dusanpetkovic1

Demografisch gesehen gehen jüngere Menschen sorgsamer mit ihrer Gesundheit um. Foto: AdobeStock/dusanpetkovic1

Demografisch gesehen gehen jüngere Menschen sorgsamer als die Generation vor ihnen mit ihrem Körper und ihrer Gesundheit um – sie kümmern sich früher um körperliche und seelische Bedürfnisse. Die Überalterung der Gesellschaft – speziell in Mitteleuropa – trägt ebenso dazu bei, dass sich gesundheitsrelevante Angebote steigender Beliebtheit erfreuen.

Welche Risiken gibt es für Wellnesshotels, die auf „Medical“ setzen?

Aus Beratersicht gibt es mehrere Aspekte zu bedenken. Wenn Medical Spa, dann geht es nur mit hoher Kernkompetenz, die meist an eine therapeutische und/oder ärztliche Persönlichkeit gebunden ist. Diese Persönlichkeit muss (permanent) im Betrieb präsent sein. Das Medical-Spa-Thema ist nicht transferierbar auf andere Personen oder auf das Team vor Ort, sondern hängt eben genau von dieser Persönlichkeit bzw. diesen Persönlichkeiten ab. Diese Persönlichkeit verschlingt höhere Personalkosten, ist in der Regel wenig flexibel und wenn diese Persönlichkeit den Betrieb verlässt, sind auch plötzlich Kompetenz und Konzept weg.

Bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung muss nachgewiesen sein, dass man mit dem Medical Spa auch nachhaltig Geld verdienen kann. Das bedeutet, dass ein entsprechender Anteil an medizinischen Leistungen als Haupteinnahmequelle aufgrund der höheren Kosten garantiert werden kann.

Karin Niederer und Stefan Nungesser beim SpaCamp 2021, Foto: Jasmin Walter Photography

Karin Niederer und Stefan Nungesser beim SpaCamp 2021, Foto: Jasmin Walter Photography

Muss es eine klare „entweder-oder“-Positionierung geben, oder können in einem Hotel Medical und Wellness koexistieren? Was spricht dafür/dagegen?

Mischkonzepte zwischen Wellnesshotel und Medical-Spa-Hotel sind äußert schwierig bis nicht umsetzbar – weder strategisch noch operativ! Zudem sind sie schwer an den Endkonsumenten kommunizierbar. Der ganze Betrieb muss sich zu 100% auf Medical Spa ausrichten – ansonsten bleibt es eines von mehreren „Randthemen“, die im Betrieb mitwachsen aber zumeist in einem marginalen Umsatzbereich von max. 5% liegen.

Umgekehrt ist es einfacher und rascher umsetzbar, Wellness-Elemente in bestehenden Gesundheitsbetrieben zu etablieren.

Vielen Dank für die interessanten Einblicke in das Thema Medical-Wellness, Stefan Nungesser, FH Kärnten und Karin Niederer, Kohl & Partner


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