Wie kommuniziert man Nachhaltigkeit?
21. März 2023Nachhaltigkeit ist das Gebot der Stunde und über Nachhaltigkeit sollte man auch sprechen. Doch die richtige Kommunikation ist eine Gratwanderung. Wir haben uns mit Wellbeing-Bloggerin Tanja Klindworth und Hotel & Spa-Beraterin Catrin Stoppa über Greenwashing, transparente Kommunikation und den ehrlichen Weg zur Nachhaltigkeit unterhalten und dabei mehr zur SpaCamp-Session vergangen Herbst erfahren.

Wie kann man heute als Gast bloßes Greenwashing von echter, ernst gemeinter Nachhaltigkeit unterscheiden? Was sind für euch No-Goes in der Hotellerie? Und, funktioniert Greenwashing 2023 überhaupt noch?
Catrin: Oberflächlich betrachtet ist es natürlich gar nicht so einfach, echte Nachhaltigkeit von Greenwashing zu unterscheiden. Es ist ein großer Unterschied, ob das Hotel sich auf dem Weg befindet und daher erst einzelne Maßnahmen umgesetzt hat, aber einen langfristigen nachhaltigen Plan verfolgt oder ob es nur auf sichtbare und PR-wirksame Maßnahmen mit wenig Wirkung setzt, um auf ein nachhaltiges Image zu setzen.
In der Strategie sollte man selbstverständlich auch Maßnahmen planen, welche eine gewisse Sichtbarkeit erzielen (z.B. auch die Wahl der Kosmetikmarke im Spa), darf dafür aber nicht weniger PR-taugliche Maßnahmen mit großer Wirkung – gerade aus dem Feld Energie- & Wasserverbrauch – vernachlässigen. Greenwashing kann an der Oberfläche noch funktionieren, aber bei einem genaueren Blick sind viele Gäste mittlerweile sensibilisiert und erkennen, wenn ein nachhaltiges Konzept keine Substanz hat.

Tanja: Für viele Betriebe ist die Umstellung auf eine nachhaltige Unternehmensführung ein komplexer Weg. Unternehmen, denen Nachhaltigkeit wirklich wichtig ist, sollten ihre Gäste daher von Anfang an mit auf die Reise nehmen. Sie sollten Schritt für Schritt zeigen und transparent erklären, wie Ressourcen im Hotel eingespart und geschont werden. Auf diesem Weg dürfen durchaus offen und ehrlich Herausforderungen, Kosten und andere widrige Umstände thematisiert werden. Wichtig ist, dass es einem Unternehmen auch wirklich ernst ist, Nachhaltigkeit zu leben und es nicht nur halbherzig zu betreiben. Ein ganzheitliches, strategisches Konzept umfasst damit nicht nur die ökologische Dimension, sondern auch die ökonomische und soziale Dimension.
Widmen wir uns den Hotels, die in Sachen Nachhaltigkeit schon sehr weit vorne sind. Wie sollten sie diesen USP kommunizieren? Habt ihr zwei positive Beispiele für uns, wo ihr sagen könnt, das sind echt nachhaltige Hotels und die Häuser kommunizieren das auch authentisch, selbstbewusst und vielleicht sogar sexy?
Tanja: Generell geht die Kommunikation gerade bei nachhaltigen Hotels und Spas über das klassische Marketing in Print, Social-Media und Webseite hinaus. Gerade vor Ort im Hotel darf die Nachhaltigkeit in den verschiedenen Bereichen im Hotel und Spa gezeigt und in Szene gesetzt werden. Neben dem Inhouse Marketing ist auch die direkte Gastkommunikation durch die Mitarbeiter:innen ein wichtiger Baustein.
Catrin: Daher muss das Team bei der Planung und Umsetzung der nachhaltigen Maßnahmen immer mit im Boot sein. Hier können Spa und Hotel auch eine Botschafterrolle übernehmen und dem Gast Impulse für einen nachhaltigeren Alltag mit nach Hause geben. Gerne kann man die Gäste gerade auch in der Anfangsphase aktiv mit einbeziehen – „Wie können wir uns noch verbessern? Kommen Sie auf uns zu!“
Tanja: Zwar kein Wellnesshotel, aber ein gutes Beispiel für gelebte Nachhaltigkeit, mit dem festen Willen, sich von Jahr zu Jahr zu verbessern und das tatsächlich auch sexy zu kommunizieren. Die Koncept Hotels stellen jedes Hotel unter ein anderes, im weitesten Sinne, nachhaltiges Motto. Die Hotelkette wurde erst 2017 gegründet, von Anfang an mit dem festen Willen, einen ernst gemeinten Beitrag zu den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen zu leisten. Um mehr zu erfahren, lohnt es sich durchaus einen Blick in den aktuellen FAIRESPONSIBILITY REPORT zu werfen.
Catrin: Das seit 2017 erste klimapositive Hotel Oberbayerns – Das Rehlegg – lebt und zeigt das Thema Nachhaltigkeit sehr authentisch. Transparent und kurzweilig informiert das Hotel Gäste rund um nachhaltige Maßnahmen. So steht auch der “Hannes“ Lichtmannegger (Mitglied der Eigentümerfamilie) auf Instagram regelmäßig vor der Kamera und erzählt von aktuellen Aktivitäten.
Es gibt auch Hotels, die sehr nachhaltig sind, sich aber nicht trauen, das aktiv zu kommunizieren? Was sind die Gründe für diese Zurückhaltung und wie gelingt die richtige Balance?
Catrin: Viele Hotels sind schon auf einem guten Weg, doch zögern sie die Kommunikation aus Sorge vor Ablehnung bzw. missverstanden zu werden und im schlimmsten Fall in der Schublade „Greenwashing“ zu landen. Auch das „Wie“ der Kommunikation spielt eine große Rolle. So ist es oft spannender, Ergebnisse der nachhaltigen Maßnahmen anstelle des Weges zu zeigen.
Tanja: Um solche Missverständnisse gar nicht aufkommen zu lassen und positive Ergebnisse zu präsentieren, ist es wichtig, Gäste von Anfang an über Wege, Mittel, Produkte und Handlung zu informieren – verständlich und anschaulich. Dazu können sehr gut die Social-Media-Kanäle genutzt, Informationen auf der Webseite gegeben und Pressemeldungen bei größeren Neuerungen versendet werden. Auch Newsletter, eine Reservierungsbestätigung, In-Room-Tablets oder hoteleigene Magazine und Flyer eignen sich zur regelmäßigen, ehrlichen und offenen Kommunikation.
Es ist verständlich, dass nicht jedes Hotel von heute auf morgen 100% nachhaltig ist und alle SDGs umsetzen kann. Wie sollte man „das auf den Weg machen“ authentisch kommunizieren? Wie ehrlich darf man sein? Und wie lange darf es dauern, bis man auch den nächsten großen Schritt geht?
Catrin: Zum Start eignen sich z.B. die Webseite und die Social-Media-Kanäle für erste Informationen. Wichtig ist eine authentische und ehrliche Kommunikation. Es muss und darf nichts beschönigt werden. Erfolge dürfen durchaus kommuniziert werden und auch über Herausforderungen darf ein Hotelier berichten.
Tanja: Im Mittelpunkt sollte aber immer der wesentliche Wille stehen, sich stetig zu verbessern und nicht stehenzubleiben. Dabei gibt es keine Faustregel, wie lange es zur Umsetzung der nächsten Stufe dauert. Dazu sind die einzelnen Projekte und Bausteine auf dem Weg zu einem nachhaltigen Hotel auch zu unterschiedlich komplex in Umfang, Zeit und Kosten. Aufrichtige Kontinuität ist hier eher das Motto. Der Weg ist das Ziel – und der ist eben kein Sprint, sondern ein Marathon.
Sagen kann man bekanntlich vieles, aber echte Transparenz ist nur mit konkreten und überprüfbaren Zahlen möglich. Welche Hilfe können hier Zertifizierungen bieten und welche Zahlen sollte man intern (Mitarbeiter:innen) und extern (Gästen) auch mitteilen?
Tanja: Maßnahmen transparent zu kommunizieren, schafft das notwendige Vertrauen. Zum einen gehören dazu die Geschichten rund um die geplanten und bereits absolvierten Schritte. Zahlen können Erfolge nochmal sichtbarer und begreifbarer machen. Dazu gehören CO2-Einsparungen in Prozent (%) oder in absoluten Zahlen als übergreifendes Ziel, genauso wie Zahlen rund um die einzelnen Maßnahmen.
Catrin: Ein schönes Beispiel für das Thema Energieeinsparungen bietet das Dashboard des energieautarken Hotels Haffhus. Transparent für Gäste aber auch für den operativen Hotelbetrieb (Siehe auch im SpaCamp-Interview).
Zertifizierungen als geprüfte und extern bestätigte Nachhaltigkeit unterstützen auf der einen Seite die Glaubwürdigkeit, machen die Maßnahmen vergleichbarer und bewerten auch die Ganzheitlichkeit über alle Dimensionen der Nachhaltigkeit (ökologisch, ökonomisch und sozial) und allen Unternehmensbereichen hinweg.
Marktführer im deutschsprachigen Raum für die Zertifizierung in der Hotellerie ist hier GreenSign. hier wird auch die Erhebung des CO2-Fußabdruckes als Baustein angeboten. Neu seit 2022 ist die Zertifizierung für Thermen, Day Spas und Hotel Spas. Als Auditorin für GreenSignSpa dürft ihr mich gerne für Infos rund um diese Zertifizierungen kontaktieren.
Vielen Dank, liebe Tanja Klindworth und liebe Catrin Stoppa für das sehr aufschlussreiche Interview. Sich auf den Weg zur Nachhaltigkeit mache lohnt sich auf alle Fälle! Man muss es nur ernst meinen.