Die Alge – aus dem Meer und zurück. Wer nehmen will, muss auch geben.

Als Meeresbiologin und Geschäftsführerin von Oceanwell ist Dr. Inez Linke mit der Wirkung von maritimer Naturkosmetik vertraut. Ihr Anspruch geht aber weit über straffere Haut hinaus. Es geht darum, dem Ursprung der Alge – dem Meer – etwas zurückgeben. Wir haben uns mit Inez unterhalten: Über Wirkstoffe, nachhaltige Verpackungen, Meeresschutzprojekte und natürlich die Alge.

Die Alge, ein ganz besonderer Meereswirkstoff. Foto: oceanBASIS GmbH
Die Alge, ein ganz besonderer Meereswirkstoff. Foto: oceanBASIS GmbH

Ihr habt beim SpaCamp viel über die verschiedenen Meereswirkstoffe gesprochen. Welche machen für das Spa Sinn?

Die wichtigsten Rohstoffquellen für marine Wirkstoffe stellen natürliches Meerwasser und Meeresalgen dar. Hier sind zuallererst die Meeresmineralien, wie Kalium, Calcium, Magnesium und Spurenelemente, wie Selen, Jod zu nennen. Sie liegen im Meerwasser in einer Form vor, die es ihnen erlaubt, durch die Oberhaut zu dringen und ihre lebenswichtigen Funktionen in den Zellen voll zu entfalten.

Darüber hinaus sind weitere wichtige Wirkstoffe in Meeresalgen enthalten, wie z. B. die speziellen Algenzucker Alginat, Fucoidan und Laminarin. Sie fungieren als Wirkstoffträger und wirken besonders feuchtigkeitsspendend, regenerierend und straffend auf die Haut. Algen enthalten weiterhin wichtige Aminosäuren mit UV-Schutz, Vitamine und Polyphenole, die Schutz vor negativen Umwelteinflüssen und freien Radikalen bieten und gleichzeitig feuchtigkeitsspendend und -haltend wirken. Die verschiedenen Stoffgruppen wirken synergistisch und geben der Haut dadurch besonders effektiv Feuchtigkeit, liefern den Zellen Energie, aktivieren den Zellstoffwechsel und verbessern damit die Regeneration und Zellerneuerung.

Dr. Inez Linke von OceanWell beim SpaCamp. Foto: Jasmin Walter
Dr. Inez Linke von OceanWell beim SpaCamp. Foto: Jasmin Walter

Um solche Wirkungen zu erzielen, sollten die Spas mit Produkten, die Meerwasser und Meeresalgen enthalten, verschiedene Anwendungen anbieten.

Warum schlägt dein Herz für die Alge? Was macht diese so besonders?

Marine Makroalgen, auch Tange genannt, – derzeit sind mehr als 39.000 Arten bekannt – enthalten nicht nur spannende Wirkstoffe, sondern haben zudem eine enorm wichtige Funktion für die Meeresumwelt, da sie einen wichtigen Lebensraum für zahlreiche Meeresbewohner darstellen. Insbesondere die Braunalgen können riesige Unterwasserwälder bilden und produzieren somit vergleichbar viel Sauerstoff wie die tropischen Regenwälder, binden CO2, nehmen überschüssige Nährstoffe auf und verbessern somit die Wasserqualität. Gerade als Wirkstoff in der Kosmetik ist es daher wichtig, Algen aus nachhaltiger Wildsammlung oder aus Algenfarmen zu verwenden, was die natürlichen Bestände schont und nachweisbar positive Auswirkungen auf die Meeresumwelt hat. Kultivierte Algen zeichnen sich darüber hinaus durch hohe Standards in der Qualitätskontrolle und Sauberkeit aus.

Inez Linke im Schildkrötenschutzgebiet in Westafrika. Foto: oceanBASIS GmbH
Inez Linke im Schildkrötenschutzgebiet in Westafrika. Foto: oceanBASIS GmbH

Außerdem begann hiermit die Oceanwell-Geschichte! Denn in einer Studie konnten wir die vielen positiven Auswirkungen einer Algenfarm in der Ostsee nachweisen und im Jahr 2000 die erste Algenfarm in der Kieler Förde realisieren. Aus dieser Form der nachhaltigen Aquakultur entstand die Idee, die vielseitigen Algenwirkstoffe auch für den Menschen nutzbar zu machen – mit maritimer Naturkosmetik.

Eines deiner Steckenpferde neben der Alge sind nachhaltige Verpackungen. Welche Materialien sollte man sich unbedingt näher ansehen?

Ja, was bedeutet eigentlich nachhaltige Verpackung? Unsere Vision ist eine produktsichere Verpackung aus komplett recycelfähigem, nicht mineralölbasiertem, leichtem Material.

Es gibt derzeit bereits plastikfreie Verpackungsmaterialien, z. B. biobasierten Kunststoff (Maisbasis) oder biologisch abbaubaren Kunststoff (Lignin), die alle bei genauerem Hinsehen jedoch auch Nachteile haben, wie die Herkunft aus konventionellen Monokulturen oder eine mangelnde Recycelfähigkeit.

Leider gibt es für uns, für Oceanwell, aktuell noch nicht die EINE nachhaltige Verpackungslösung. Neben nachhaltigen Prozessen für die Umwelt muss für die Naturkosmetik auch eine hohe Produktsicherheit für den Kunden gewährleistet sein. So haben wir erst einmal die Anforderungen an unsere Marke und je Produkt definiert und haben den Fokus auf “Reduce” und “Recycle” gelegt, nutzen also leichte Verpackungen aus Monomaterial, die zu 100 % recycelbar ist. Leider sind die Verpackungen noch mineralölbasiert. Aktuell engagieren wir uns auch in Forschungsprojekten zum Thema nachhaltige bio- z.B. algenbasierte Verpackungen.  Die Recycling-Anlagen verbessern stetig ihre Möglichkeiten, so sind wir optimistisch, dass es in der Zukunft immer bessere Lösungen geben wird.

Kannst du uns sagen, wie wir dem Meer auch wieder etwas zurückgeben können? Und welche Projekte unterstützt ihr im speziellen?

Gemäß dem Motto “Reduce und Recycle” können alle etwas tun. Außerdem kann man schauen, mit welchen Produkten man arbeitet, z. B. bewusst auf Produkte ohne Mikroplastik setzen, wie z. B. auf zertifizierte Naturkosmetik.

Schildkrötenschutzprojekt an der Elfenbeinküste. Foto: oceanBASIS GmbH
Schildkrötenschutzprojekt an der Elfenbeinküste. Foto: oceanBASIS GmbH

Wir haben mit Oceanwell vor einigen Jahren zudem unsere eigene Initiative “Protect the Ocean” gegründet, mit der wir unabhängige Meeresschutzprojekte finanziell unterstützen. Das erste Projekt war die Einrichtung eines Schildkrötenschutzgebietes in Westafrika, wo wir einen Verein mit ivorischen (Anm. Red. von der Elfenbeinküste stammend) Biologen und Strandrangern aus den umliegenden Dörfern gefördert haben. Jetzt entsteht dort die erste staatlich anerkannte “Marine Protected Area”.

Taucher bergen ein großes Schleppnetz vom Meeresgrund. Foto: Oceanwell, Nikolas Linke
Taucher bergen ein großes Schleppnetz vom Meeresgrund. Foto: Oceanwell, Nikolas Linke

Mit unserem zweiten regionaleren Projekt unterstützen wir den Verein “one earth one ocean (oeoo)” bei der Bergung von Geisternetzen in der Ostsee. Geisternetze sind verloren gegangene Fischernetze, die zur Todesfalle für Meeressäuger, Fische, Seevögel und Weichtiere werden können und zudem mit der Zeit in Mikroplastikteilchen zerfallen. Das Müllsammelschiff „SeeKuh“ von oeoo, ein eigens dafür konstruierter Katamaran, dient als Basis für Tauchgänge und Netzbergungen in der Ostsee. Wir haben zum Thema Meeresschutz und Geisternetze auch einen Podcast veröffentlicht.

Vielen Dank, liebe Inez Linke für das Interview, deine Session beim SpaCamp an der Nordsee und euer großes Engagement für den Schutz des Meeres!