Die Beauty- und Wellnessbranche braucht Diversität! Bloggerin Asmona Iesha Logan im Gespräch
Du machst in deinem aktuellen Blogpost darauf aufmerksam, dass die Beauty- und Wellnessbranche dringend mehr Diversität braucht. Wo gibt es deiner Meinung nach besonders viel Nachholbedarf und was muss sich konkret ändern?
Die Frage ist nicht, wo es besonders viel Nachholbedarf gibt, sondern die Frage sollte eher lauten: Wann fängt die Branche endlich damit an, sich mit dem Thema Diversität auseinanderzusetzen, um dafür zu sorgen, dass sich People of Color (PoC) repräsentiert fühlen? Dies gelingt erst dann, wenn jedem Einzelnen bewusst ist bzw. bewusst gemacht wird, wie eurozentrisch sein Blick, sein Denken und damit auch sein Handeln eigentlich ist. Als freie Social Media Managerin erlebe ich es in Meetings mit Kunden immer wieder, dass ihnen gar nicht auffällt, wie „weiß“ z. B. ihr Firmen-Instagram-Feed ist. Wenn ich sie dann darauf hinweise, sind sie oftmals selbst darüber erschrocken und sagen, dass sie das so gar nicht wahrgenommen haben und auch bislang noch nie darüber nachgedacht haben.
Der erste Schritt für Veränderung ist also, ein Bewusstsein für das Thema Diversität zu schaffen. Gerade bei Menschen in verantwortlichen Positionen ist es wichtig, dass sie sich dem Thema öffnen, ihre tatsächliche Außenwirkung reflektieren, auch wenn es unangenehm sein kann, und dieses erlangte Bewusstsein dann intern weitertragen. Denn wenn die Führungsebenen sich des Themas Diversität annehmen, dann hat das im besten Fall Auswirkungen auf alle Bereiche im Unternehmen und damit auch auf die Außenwirkung.
Und wie sieht es bei den Mitarbeiter*innen aus?
Ja, es gibt auch Mitarbeiter, die das Thema von sich aus ansprechen, weil es sie z. B. persönlich betrifft. Hier sollten Verantwortliche ein offenes Ohr haben und dem Betroffenen einen Raum geben, in dem offen diskutiert werden kann und das Gefühl vermittelt wird, dass das Anliegen des Betroffenen ernst genommen wird. Denn auch wenn ein Unternehmen zunächst noch denkt, dass das Thema Diversität nichts mit seinen Produkten oder seiner Firmenphilosophie zu tun hat, entspricht dies nicht mehr der Realität. Es gibt einen demografischen Wandel. Die Gesellschaft und damit potenzielle Kunden/Gäste sind nicht länger nur „weiß“. Und unter den ethnischen Gruppen ist das Verlangen herangereift, dass auch sie sich von Firmen, Hotels, etc. repräsentiert fühlen möchten, wenn sie in diese investieren.
Jetzt ist die Zeit, sich hinzusetzen, hinzuhören, zu lernen, zu verstehen, zu reflektieren und zu hinterfragen, was getan werden kann und muss, um divers zu werden.
Zu dem Thema gibt es mittlerweile eine Fülle an Lesestoff, Podcasts, Videos, Vorträgen, Seminaren und Workshops.
Dich ärgert, dass zwar viele Menschen z. B. bei #blackouttuesday mitgemacht haben oder zu #blacklivesmatter etwas teilen, aber selbst nicht ernsthaft daran interessiert sind, etwas zu ändern. Wie kannst du dir das erklären?
Leider betrachten viele Unternehmen die aktuellen Bewegungen als Trend und springen darauf auf, um das eigene Image zu pushen. Denn die Konsumenten werden bewusster und kritischer und achten immer häufiger darauf, wie Unternehmen sich z. B. zu gesellschaftlichen Themen positionieren. Dass ein Trend aber in der Regel zeitlich begrenzt ist, sollte schon deutlich machen, dass #blacklivesmatter keinesfalls ein Trend ist oder sein sollte. Und dass es auch keinesfalls damit getan ist, auf Instagram ein schwarzes Quadrat zu posten. Dabei verkennen sie nämlich, dass die Menschen, die sie augenscheinlich supporten wollen, durchaus wissen, dass es mit der Solidarität schnell wieder vorbei sein kann oder lediglich ein sogenanntes Woke-Washing betrieben wird.
Sich mit dem Thema Diversität auseinanderzusetzen, um es dann auch umzusetzen, bedeutet Arbeit. Und dieser Prozess kann sehr unangenehm und beschämend sein, wenn man als Vertreter eines Unternehmens oder auch als Privatperson plötzlich erkennt, wie man strukturellen Rassismus bis jetzt unterstützt hat und wohlmöglich insgeheim selbst rassistisch denkt und handelt, ohne dabei bewusst ein Rassist zu sein. Ich denke, es ist unabdingbar, diesen Lern- und Denkprozess für sich persönlich und für das Unternehmen durchzumachen, wenn man ernsthaft an Diversität interessiert ist.
Du bist eingangs schon darauf eingegangen, dass in Firmen-Instagram-Feeds von Spas, Hotels und Kosemtikherstellern oft nur weiße Menschen gezeigt werden und man ganz selten People of Color findet. Was müssen z.B. Spa- und Wellness-Hotels jetzt konkret tun, um Diversität glaubwürdig zu zeigen?
Wie bereits gesagt, der erste Schritt ist, im Unternehmen ein Bewusstsein für das Thema Diversität zu schaffen, denn auch PoC besuchen Spa-und Wellness-Hotels. Der zweite Schritt ist dann, die Bereitschaft zu entwickeln, etwas zu verändern und die nötigen Schritte einzuleiten. Das bedeutet natürlich erst einmal mehr Arbeit, z. B. wenn nach passendem Stockbildmaterial gesucht werden muss. Auch da ist der Blick eurozentrisch und die Auswahl an Bildern, die bspw. PoC im Wellnessbereich eines Hotels zeigen, ist noch überschaubar.
Dabei ist die Lösung so einfach. Wenn die Marketingabteilung eines Unternehmens Models für Shootings bucht, um Bilder für seinen Online-Auftritt produzieren zu lassen, kann der Agentur mitgeteilt werden, dass man sich mehr Diversität bei den Vorschlägen wünscht. Und schon kommen neben fünf weißen Models auch drei dunkelhäutige Models zum Casting. Das gilt auch bei der Auswahl an Bloggern, mit denen man zusammenarbeitet und generell bei der Auswahl an Kooperationspartnern.
Meine Empfehlung: Sucht Kontakt zu PoC aus der Branche. Es gibt sie! Doch nicht nur auf den Werbefotos, vor allem im Unternehmen selbst braucht es mehr Diversität, und zwar in allen Bereichen und auf allen Ebenen. Ist die Belegschaft des Unternehmens erst mal divers, ändert sich langfristig auch die eigene Wahrnehmung und das Bewusstsein, wie das Unternehmen nach außen wirken will – von eurozentrisch hin zu global. Aber solange sich PoC von der Spa- und Wellnessbranche nicht angemessen repräsentiert sehen und fühlen, wird es schwer sein, sie z. B. als Mitarbeiter zu gewinnen.
Du kritisierst auch, dass der Nude-Look bei Kosmetikherstellern und in den Medien fast nur das helle Spektrum der Hauttöne umfasst und somit ein eurozentrisches Schönheitsideal vorgibt. Was erhoffst du dir von den Kosmetikherstellern in Zukunft?
Dass sie sich nicht länger hinter dem Argument verstecken, die Nachfrage nach dunkleren Nuancen wäre zu gering. Dagegen spricht der demografische Wandel und der Erfolg von Marken wie Fenty Beauty, ILIA Beauty, Kjaer Weis und Vapour Beauty. Und es ist ein Einfaches, die Produktpalette zu überarbeiten, es muss lediglich die Bereitschaft dazu vorhanden sein.
Wir sind gefordert, in uns zu gehen und eigene Einstellungen zu hinterfragen und aktiv umzustellen. Wie und wo beginnt für dich ein positiver Weg und wie können wir diesen Weg auch immer wieder weitergehen, um damit ein Vorbild zu sein?
Ein positiver Weg ist, nicht defensiv zu reagieren, wenn das Thema Diversität und Rassismus zur Sprache kommt. Ich würde mir wünschen, dass man sich als Nichtbetroffener zurücknimmt, wenn Betroffene von ihren Erfahrungen, ihren Verletzungen und ihrem Schmerz berichten.
Einfach mal hinhören, lernen und hinterfragen, ohne belehren zu wollen, das fände ich toll.
Ich möchte von keinem Nichtbetroffenen hören, wann und inwieweit ich mich z. B. rassistisch behandelt fühlen darf. Rassismus darf nicht länger heruntergespielt werden, auch wenn er unbewusst passiert. Jeder Einzelne sollte Verantwortung übernehmen für sein eigenes (unbewusstes) rassistisches Handeln und Denken.
Vielen Dank, liebe Asmona Iesha Logan für das Interview. Wir hoffen, damit einen wichtigen Anstoß für die Branche geben zu können. Viel Erfolg weiterhin mit deinem Blog Beauty Delicious.