Fokus auf die Gesunderhaltung: Von der Pathogenese zur Salutogenese

Das europäische Krankheitswesen ist heute pathogenetisch, also auf die Entstehung einer Krankheit bezogen, ausgerichtet. Der Patient wird in eine passive Rolle gedrängt und sieht daher die Krankheitsentstehung im Außen. Ist es Zeit für einen Paradigmenwechsel von der Pathogenese hin zur Salutogenese, bei der die Erhaltung der Gesundheit im Vordergrund steht?

Salutogenese ist ein Begriff, der uns nicht nur hinweist auf den Ursprung der Gesundheit, sondern auch auf den Ursprung der Lebensfreude, auf den Ursprung dessen, warum es sich überhaupt lohnt, dieses Leben zu leben. Foto: Fotolia/kasto

Salutogenese ist ein Begriff, der uns nicht nur hinweist auf den Ursprung der Gesundheit, sondern auch auf den Ursprung der Lebensfreude, auf den Ursprung dessen, warum es sich überhaupt lohnt, dieses Leben zu leben. Foto: Fotolia/kasto

Krankheitsentstehung heute noch im Vordergrund

Das europäische Krankheitswesen ist durchwegs pathogenetisch ausgerichtet und erforscht seit mehr als 300 Jahren Krankheiten, deren Risikofaktoren und Symptome. Die Krankheitsentstehung wird dabei sehr einseitig, nämlich „von außen kommend“, betrachtet. Damit wird der Patient in eine passive Rolle gedrängt und entmündigt. In seinem Glauben, dass alles Krankmachende von außen kommt, seien es Viren, Bakterien oder der ungerechte Chef, der untreue Partner, etc., sucht er die Schuld für die eigenen Probleme und auch die Hilfe dafür im außen – allzu oft durch die unterstützende Einnahme allopathischer Medikamente.

Die dadurch erzeugte Abhängigkeit und Ohnmacht lässt keinen Raum für persönliche Entwicklung, schwächt und fördert letztendlich Krankheit. Ist es Zeit für einen Paradigmenwechsel? Stößt die kurative Ausrichtung unseres Gesundheitssystems nicht bereits an ihre Grenzen? Nicht nur finanzielle Engpässe geben dringenden Anlass zur Umstellung der Gesundheitspolitik, sondern vor allem auch Veränderungen im Krankheitsspektrum, insbesondere ein beträchtlicher Anstieg chronischer Erkrankungen, wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen, Erkrankungen des Bewegungsapparates, usw.

Vom biomechanischen zum biopsychosozialen Modell

In dem Bemühen um Erlangung „objektiver Erkenntnisse“ wurde der Mensch aus der Humanmedizin verdrängt. Die Konzentration auf objektivierbare Symptome im sog. „biomechanischen Krankheitsmodell“ erforderte die Vernachlässigung des Menschen als Subjekt. Die Grenzen nomothetischer Menschenbildannahmen werden heute immer deutlicher sichtbar. Mündige und informierte Patienten fordern zunehmend die Abkehr von der einseitigen pathogenetischen Betrachtungsweise hin in Richtung eines ganzheitlichen Wahrgenommen-Werdens. Durch die ausschließliche Hinwendung zu Beschwerden und Symptomen und deren rasche „Beseitigung“ bzw. „Unterdrückung“ wird der Mensch in seiner Ganzheitlichkeit vernachlässigt. Im Bemühen, diese Kriterien zu erfüllen, wurde das biopsychosoziale Modell von Gesundheit und Krankheit entwickelt.

Gesundheit wird im biopsychosozialen Modell als eine Weise des Mensch-Seins begriffen und offen genug definiert, um somatische, psychische und soziale Aspekte gleichermaßen zu berücksichtigen. Die systemtheoretische, holistische Auffassung von Gesundheit, wie sie im bio-psycho-sozialen Modell vorliegt, ist für die salutogenetisch orientierte Sichtweise charakteristisch. Salutogenese ist ein Begriff, der uns nicht nur hinweist auf den Ursprung der Gesundheit, sondern auch auf den Ursprung der Lebensfreude, auf den Ursprung dessen, warum es sich überhaupt lohnt, dieses Leben zu leben.

Wir müssen neue Fragen in der Gesunderhaltung stellen!

Die Frage: Wie kommen wir an die Quellen der Gesundheit heran? beinhaltet auch die Frage: Wie komme ich an mein ureigenstes Lebensverständnis heran? Salutogenese kann daher in ihrer praktischen Konsequenz zu einem Werkzeug werden, dem Leben gerecht zu werden, es zu fördern und ihm zu dienen.

Der an Gesundheit orientierte Ansatz führt zu der zentralen Frage:

Wie entsteht Gesundheit?

Und daraus leiten sich die Fragen ab: Wie bleiben wir gesund? bzw. Wie werden wir wieder gesund, wenn wir krank sind? Dabei wird auch die einseitige Betrachtungsweise des Patienten als Objekt hinterfragt. Es wird postuliert, dass der Mensch in seiner Patientenrolle nicht nur Objekt, sondern zugleich auch Subjekt und damit zur Übernahme von Aktivität und Eigenverantwortung aufgefordert ist. Dadurch erfährt das pathogenetische Prinzip unseres Krankheitswesens eine wichtige Ergänzung und das Potential, sich zu einem Gesundheitswesen hin zu entwickeln.

Eigenverantwortung ist die Bereitschaft zur positiven Veränderung des Lebensstils

Für das Falkensteiner Balance Resort Stegersbach habe ich ein Lebensstil-Konzept namens Acquapura Balance MINDNESS(R) entwickelt. Hier soll in 7 Levels zur Selbstfindung die kontinuierliche Selbstwahrnehmung als Basis für eine dauerhafte und heilsame Veränderung des Lebensstils verbessert werden. Es geht darum, sein Leben in allen Daseins-Dimensionen besser zu verstehen und kreativer zu gestalten. Ich freue mich, beim diesjährigen SpaCamp mit euch über dieses spannende Thema gemeinsam mit Michaela Hösch zu diskutieren.

Autor:in: Lisbeth Jerich
Institut für Salutogenese

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