27. März 2018 Fachartikel

Unsichtbare Spa-Designer: ein Blick hinter die architektonische Hardware-Kulisse

Lichtstimmung, Farbwirkung, Haptik, Akustik und Duft sind keineswegs Nebendarsteller auf den Spa- und Wellnessbühnen dieser Welt. Ein gelungenes Wohlfühlambiente gelingt nicht nur durch ausgefallene Spa-Architektur, ansprechendes Design und stilvolles Interior. Die wahren Stimmungsmacher im Ensemble sind die stillen, leisen Künstler namens Licht, Farbe, Haptik, Akustik und Aroma. Wie man die unsichtbaren Spa-Designer richtig in Szene setzt, verrät Innenarchitektin Gudrun Schade.

Fünf Sinne: Mund, Hand, Ohr, Nase, Auge

Die Sinne erfassen weit mehr als das Sichtbare. Foto: Fotolia/fredredhat

Die Spa- und Wellnessbranche hat sich zur Aufgabe gemacht, ihre Gäste und Kunden in eine bessere Stimmung zu versetzen. Dies gelingt durch bewährte und neue Treatments und Behandlungen. Aber nicht nur. Anwendungen finden nicht im luftleeren Raum statt. Die Atmosphäre eines Spas, einer Beauty-Kabine oder auch der Rezeption trägt zum Gesamtambiente der Einrichtung bei und beeinflusst das Wohlgefühl des Gastes.

Ins rechte Licht rücken

Der nüchterne Begriff „Beleuchtung“ schafft es nicht auszudrücken, worum es bei „Lichtstimmung“ geht. Man setzt auf weiches, warmes Licht, welches das Gemüt beruhigt, den Gast herunterkommen lässt, weichzeichnet und schmeichelt.

Eine solche Lichtstimmung ist das Ergebnis verschiedener, unterschiedlich ausgelegter Beleuchtungsszenarien. Dezentral im Raum verteilt, ersetzen sie einen Großteil an direktem Licht und sind immer dimmbar.

Lichtstimmung Treppen Raum

Licht kreiert Stimmung in Räumen. Foto: Gudrun Schade

Blendende Lichtquellen sind absolut tabu. Moderne LED- Technik bietet auch für kleinere Budgets großartige Möglichkeiten mit Licht zu arbeiten. Durch Smarthome Steuerungen in unterschiedlichen Preiskategorien lassen sich durchdachte, vorprogrammierte Lichtszenarien auf Knopfdruck abrufen.

Farbwechsler sind großartige Werkzeuge für eine Lichttherapie. Aber Vorsicht: Übertreibungen wirken schnell kitschig.

Im Spa und in der Kabine hat kaltes Tageslicht nichts zu suchen. Darum sollte man bei der Auswahl von Leuchtmitteln und Beleuchtungsstärken immer auf eine niedrige Wellenlängen achten. 1500 K (KELVIN) entspricht in etwa einer Kerzenflamme. Für gängige LED-Leuchtmittel gilt allgemein folgende Orientierungshilfe:

  • 2.700 bis 3.250 Kelvin: Warmweiß
  • 3.250 bis 5.250 Kelvin: Neutralweiß
  • 5.250 bis 8.000 Kelvin: Tageslichtweiß

Bei einem Lichtszenario für den Kundenkontakt würde ich mich auf warmweiße Leuchtmittel beschränken. Ausnahmen sind reine Behandlungsleuchten in der Kabine oder auch das Licht zum Reinigen des Raumes.

Farbe bekennen

Der Protagonist Licht setzt auch seine Partnerin, die Farbe, gerne in Szene. Raumfarben müssen immer im gewählten Licht in ihrer Wirkung überprüft werden. Grau- und Grüntöne kippen im Warmlicht gerne einmal und entwickeln eine deutlich andere Tönung als am Tageslicht.

Die aktuellen Modefarben sind bei der Auswahl von Stimmungstönen nicht wichtig. Mit Farben lassen sich sehr persönliche Interiors gestalten, die beispielsweise die Persönlichkeit der Instituts-Inhaberin transportieren. Farbthemen können das Corporate Design einer Hotelmarke aufgreifen und Verbindung schaffen. Im allgemeinen empfehle ich nachhaltige Farbwahl statt Trendjagd.

In Räumen in denen eine ruhige, warme Atmosphäre herrschen soll, bevorzuge ich aus farbpsychologischen Gründen abgetönte, blassere Töne. In weichem Licht entwickeln sie eine gewisse räumliche Weite. Das gibt dem Gast Raum zum Entspannen und ist angenehm reizarm. Ob man nun kühlere oder wärmere Töne verwendet, ist immer eine Frage des Gesamtkonzeptes. Darüberhinaus gibt es vielleicht auch Vorgaben durch ein bereits vorhandenes Corporate Design im Hotelbereich. Auch kühlere Blautöne können bei richtiger Abtönung und gut kombiniert mit anderen Farben eine sanfte, warme Atmosphäre schaffen.

Struktur vermittelt zwischen den Akteuren

Farbflächen sind kaum gelöst von den Strukturen zu betrachten, auf die sie aufgebracht werden. Strukturen, also die Haptik der verwandten Materialien, müssen genauso gut überlegt sein wie die Farben selbst. Struktur wird mit den Händen aber auch im Licht überprüft.

Ein helles Gelb wirkt auf einer glatten Fläche fast weiß, wenn man keine reinweiße Kontrollfläche danebenlegt. Bringt man das gleiche Gelb aber auf eine stark strukturierte Tapete auf, kommt die Farbe deutlicher zur Geltung. Strukturen werden durch Licht und Schatten in ihrer Wirkung und Aussage verändert. Hochglänzende Oberflächen sind in ihrer Aussage sehr elegant bis opulent, während stark strukturierte Oberflächen rustikaler wirken. Stark mattierte Oberflächen wirken im Zusammenspiel mit zarten Farben sehr natürlich und edel, ohne aufdringlich zu sein.

Grundsätzlich sollte das Zusammenspiel von Farbe und Struktur anziehend wirken. Wird der Impuls des „Berühren-wollens“ ausgelöst, wird sich der Gast – auch leicht oder nicht bekleidet – wohl und sicher fühlen.

Schall und Rau(s)ch

Die Akustik gilt als die unsichtbare Schwester der Haptik. Je strukturierter und weicher eine Oberfläche ist, desto eher bricht sie die auftreffenden Schallwellen. Glatte, harte Oberflächen dagegen reflektieren den Schall und führen zu einer rauschenden Akustik mit starkem Nachhall. der zu Irritationen und Unwohlfühlen führt. Unschöne Akustik wird von Gästen nur in Extremfällen bewusst wahrgenommen, löst aber unterbewusst starke Irritationen, Unwohlsein und Unsicherheit aus. Auch stimmige Akustik wird meist nicht bewusst wahrgenommen, löst aber ein sicheres Gefühl aus da alle Geräusche eingeordnet werden können. Ohne das Gefühl Töne optisch verifizieren zu müssen, können Gäste entspannt und unbesorgt die Augen schließen und sich fallen lassen.

An der Nase herumführen

Auch der Duft beeinflusst unser Unterbewusstsein und wirkt sich auf Stimmung und Wohlbefinden aus. Der eindringliche Duft eines geliebten Menschen, der Geruch des Meeres, frisch gewaschene Wäsche, der Geruch von frisch geschlagenem Holz, frische Erdbeeren…unendlich viele Gefühle, Bilder und Erinnerungen die mit einem bestimmten Duft verknüpft sind werden sofort wachgerufen.

Ein mächtiges Werkzeug also für eine Branche, die sinnliches Erleben und Wohlgefühl für die Gäste in den Vordergrund stellt. Viele Hotels arbeiten mit Signature Düften, die sich durch das ganze Haus ziehen. Vom Raumduft bis zu den Bath Amenities in den Zimmern gibt es ein einheitliches Duftkonzept mit Wiedererkennungswert.

Auch im Day Spa oder im Institut empfehle ich mit einem personifizierten, natürlichen Duft zu arbeiten, der das sinnliche Erlebnis im Kopf verankert. Wenn Gäste ein Signature Produkt mit nach Hause nehmen und benutzen, wird automatisch das ganzheitliche Erlebnis des Spabesuchs wieder aufgerufen. Das kann tatsächlich wirksamer sein als ein Flyer, eine Visitenkarte oder ein regelmäßiges Mailing. Ein solcher Duft sollte zum Unternehmen passen und die Philosophie des Hauses wiederspiegeln. Dasselbe gilt natürlich auch für Farben, Strukturen und die akustische Ausgestaltung.

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teilchen

Corporate Interior meint nicht die Architektur oder Einrichtung eines Raumes, sondern das sorgfältig abgestimmte und überlegte Zusammenwirken aller oben beschriebenen Faktoren. Sie alle machen in ihrer Gesamtheit die Räumlichkeiten aus. Nur wenn alles zusammenstimmt, wohnt einem solchen Raum ein Zauber inne, dem sich der Gast auch gern öfter hingibt.

Autor:in: Gudrun Schade
Schade Innenarchitektur

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