Auf nach China! Wie funktioniert der Spa-Markt im Land des Lächelns? Ein Gespräch mit Mei Gräfe

Der chinesische Markt boomt. Warum sollte man also mit dem Eintritt in den chinesischen Spa-Markt noch länger warten? Vielleicht hat man China noch nicht wirklich im Blick oder man traut sich nicht über das Neuland, jedoch ist ein enormes Spa-Potential in China vorhanden. Worauf man beim Markteintritt achten sollte und was in China gerade Trend ist, erzählt uns Mei Gräfe von Intergate Consulting im Interview.

Wie funktioniert der Spa-Markt im Land des Lächelns? Foto: Fotolia/xixinxing

Wie funktioniert der Spa-Markt im Land des Lächelns? Foto: Fotolia/xixinxing

China boomt, doch zögern viele mit einem Markteintritt. Wie sehen die Marktstruktur und die Kundenerwartungen aktuell in China aus?

Das stimmt, der chinesische Markt ist aufgrund der großen Bevölkerungsbasis und der stetig wachsenden Wirtschaft in den letzten Jahrzehnten für hochwertige Konsumgüter und Dienstleistungen ein sehr attraktiver Markt geworden. Auf der anderen Seite stellt der Markt, besonders für KMU, ein zu großes Geschäftsumfeld dar. Der gesamte chinesische Markt kann je nach Region, Kaufkraft, Konsumverhalten und Klima in einige „Teilmärkte“ unterteilt werden.

So stellt sich als Erstes bereits die Frage: Wo soll man anfangen? In den wenigen sogenannten „first tier cities“ (wie z.B. Schanghai, Beijing, Guangzhou, Shenzhen) mit starker Wirtschaftsentwicklung und extrem starker Konkurrenz oder in einer der „second tier“ oder sogar „third tier cities“, wo die Kaufkraft schnell nachholt und es noch nicht zu viele starke Spieler gibt? Dazu kommen noch Fragestellungen wie Produktserien, Einfuhrformalitäten, Vertriebspartner etc. Der Spa-Markt in China ist auf den ersten Blick etwas übersichtlicher als der Markt für normale Kosmetikprodukte. Das Wort „Spa“ heißt auf Chinesisch „Wasser Behandlung“ und wird von den dortigen Konsumenten und Medien mit „hochwertiger, effektiver und ganzheitlicher Schönheitsbehandlung“ assoziiert. Das ist ein wichtiger Unterschied zu den zahlreichen, zum Teil kleinen Kosmetiksalons im Lande, wo die Räumlichkeiten und die Einrichtungen wesentlich kleiner und einfacher sind.

Es gibt grundsätzlich zwei Kategorien von Spas: die Luxus-Spas und die professionellen Spas. Die Luxus-Spas befinden sich oft in Fünf-Sterne-Hotels, wie dem Bulgari Hotel Shanghai, sind sehr geräumig und bieten dem erlesenen Kundenkreis hochwertige und vielfältige Behandlungsprogramme an. Die professionellen Spas haben zum Teil landesweit eigene Läden mit einheitlichen Behandlungskonzepten, die sowohl hochpreisige als auch normale Behandlungsprogramme beinhalten. Die restlichen Institutionen grenzen aufgrund der kleineren Größe und eingeschränkten Leistungen an normale Kosmetiksalons.

Luxus-Spa im Bulgari Hotel Shanghai. Foto: Mei Gräfe

Luxus-Spa im Bulgari Hotel Shanghai. Foto: Mei Gräfe

Seit November gibt es eine neue Regelung bezüglich der Eintrittsformalität für Kosmetikprodukte in China. Kannst du uns hier ein paar Details zum Markteintritt verraten?

Das ist eine sehr gute Frage. Seit 10. November müssen die nach China exportierten normalen Kosmetikprodukte nicht mehr durch die SFDA (State Food and Drug Administration) zentral registriert werden. Falls der chinesische Importeur in einer der vielen benannten Städte inkl. Schanghai, Hangzhou, Xiamen, Xi’an etc. ansässig ist, wird der Produktimport durch ein sogenanntes Filing-Verfahren beschleunigt. Dabei gibt es aber keine Änderungen an den benötigten Dokumenten, inklusive des Produkttestberichts, der von bevollmächtigten Testinstituten in China nach dem Produkttest ausgestellt wird. Sobald diese Dokumente abgegeben und der Eingang von den regionalen Zweigstellen der SFDA bestätigt wird, können die Produkte importiert werden. Die Evaluation der Dokumente findet gleichzeitig separat statt.

Im Vergleich zu dem herkömmlichen Produktregistrierungsverfahren soll eine Zeitersparnis von drei Monaten theoretisch realisiert werden. Bei Problemen in den Dokumenten wird der Import gestoppt. Bis jetzt hören wir sowohl positive als auch negative Stimmen über das neue Verfahren. Neben der Aussicht auf einen schnelleren Produktimport wurde andererseits viel über die strenge Überprüfung der abgegebenen Dokumente, aufgrund der Unerfahrenheit und der Unsicherheit der lokalen Sachbearbeiter, geklagt.

Diese neue Regelung hat den ausländischen Markenanbietern einige Erleichterung und Effizienzsteigerung beim Markteintritt gewährt. Auf der anderen Seite sollten die Markenanbieter vor dem Markteintritt jedoch eine möglichst präzise Vorstellung über die zukünftige Vertriebsstrategie haben, sodass die Vorteile optimal ausgenutzt und zügig in steigenden Umsatz umgewandelt werden können.

Du betonst immer, dass man für den Markteintritt in China einen guten Geschäftspartner braucht. Wie findet man diesen?

Ein guter Partner ist das A und O für das China-Geschäft. Das Schicksal einer Produktmarke in China ist von der Qualität des Partners abhängig. Insbesondere spielt der chinesische Importeur unter der neuen Kosmetik-Filing-Regelung eine noch größere Rolle als früher. Er trägt nämlich die komplette Verantwortung über alle Fragestellungen rund um die Produkte inkl. über die Produktqualität.

In Sachen Identifikation passender Geschäftspartner in China bin ich keine Befürworterin von „leichten Lösungen“. Es ist wichtig, eine klare Vorstellung über die eigene Zielsetzung in China zu haben und den Geschäftspartner entsprechend und bewusst auszusuchen. Es gibt viele Möglichkeiten, wie z.B. Messebesuche etc., aber nichts kann einen persönlichen Besuch in der Firma ersetzen. Um die Kandidaten noch effektiver zu identifizieren, kann man sich professionelle Hilfe holen.

Wie in Deutschland boomt auch in China der Online-Handel. Tmall ist quasi das chinesische Amazon. Würdest du beim Markteintritt empfehlen, den Online-Handel gleich am Anfang mit einzubeziehen oder vielleicht nur auf Online-Handel setzen?

Tmall-Werbung von Siyanli – einer chinesischen Spa-Kette. Beim Klicken auf die Werbung können die Leistungen direkt bestellt werden. Foto: Mei Gräfe

Tmall-Werbung von Siyanli – einer chinesischen Spa-Kette. Beim Klicken auf die Werbung können die Leistungen direkt bestellt werden. Foto: Mei Gräfe

Im Fall des Vertriebs von normalen Kosmetikprodukten ist es durchaus empfehlungswert, die Produkte im Online-Handel zu vertreiben, um erste Markterfahrungen zu sammeln. Voraussetzung dafür ist allerdings ein Partner, der von China aus das Online-Geschäft betreibt und Branchen- sowie Produkterfahrungen besitzt. Für Spa-Pflegeprodukte ist es meines Erachtens zu empfehlen, einen passenden Partner zuerst zu finden und danach die O2O-Lösung für die Behandlungen anzubieten. Das heißt, neben dem normalen Offline-Business im Spa wird den Kunden die Möglichkeit angeboten, Produkte oder Pflegeleistungen auch online, wie z.B. auf Tmall, zu bestellen. Außerdem ist es abzuklären, inwieweit und ab welchem Zeitpunkt es Sinn macht, Pflegeprodukte für Spa-Behandlung getrennt von den Behandlungen online zu vertreiben.

Social Media hat, wie auch in anderen asiatischen Ländern, in China einen hohen Stellenwert. Was muss man als europäischer Quereinsteiger besonders beachten? Welche Kanäle würdest du als Einstieg empfehlen und gibt es absolute No-Gos in der Kommunikation?

Marketingarbeit ohne Social Media ist heutzutage unvorstellbar in China. Ich halte es für absolut notwendig, hier Fachleute zu konsultieren. Allein wegen der fremden Kultur und der chinesischen Sprache, die zahlreiche Ausdrucksweisen mit Nuancen und Andeutungen besitzt. Was der italienischen Luxusmarke D&G vor Kurzem passierte, soll ein Warnhinweis für Lifestyle-Produktmarken sein. Eine, aus Sicht beider Gründer, harmlose und „lustig gemeinte“ Markenwerbung, wo eine Chinesin, in D&G gekleidet, italienische Gerichte mit Ess-Stäbchen ungeschickt zu essen versucht, hat eine landesweite Protestaktion gegen die Marke hervorgerufen.

Die geplante D&G-Modeschau „Big Show“ in Schanghai musste kurzfristig abgesagt werden, weil viele Celebrities ihren Besuch absagten und die chinesischen Models die Show boykottierten. Es ist sehr wichtig, sich frühzeitig über die eigene Marketingstrategie und die Markenbotschaft für den chinesischen Markt Gedanken zu machen. Es gibt neben WeChat, Sina Weibo noch viele andere Social-Media-Plattformen, zum größten Teil auch mit Verkaufsfunktionen. Diese können die Produktmarken für Marketing und Verkauf der Behandlungen ausnutzen.

Behandlungsprodukte auf Basis von TCM bei Natural Beauty, einer Spa-Kette und Kosmetikmarke aus Taiwan, die seit Jahrzehnten erfolgreich in China etabliert ist. Foto: Mei Gräfe

Behandlungsprodukte auf Basis von TCM bei Natural Beauty, einer Spa-Kette und Kosmetikmarke aus Taiwan, die seit Jahrzehnten erfolgreich in China etabliert ist. Foto: Mei Gräfe

Was ist deiner Meinung nach DER Spa-Trend in China?

Der chinesische Markt ist sehr dynamisch und voller Bewegung. So haben wir letztes Jahr z.B. noch über „Consuming-Upgrade“ gesprochen, dieses Jahr sieht die Situation aufgrund der momentan unsichereren Wirtschaftslage in China schon anders aus. Die Konsumenten sind viel vorsichtiger und zurückhaltender geworden.

Dennoch fällt ein Trend im Spa-Bereich auf – die Erwartung und Anforderung der Kunden nach natürlicher und funktioneller Behandlung.

Mei Gräfe, Geschäftsführerin Intergate Consulting. Foto: Mei Gräfe

Mei Gräfe, Geschäftsführerin Intergate Consulting. Foto: Mei Gräfe

So bieten fast alle Spas Behandlungen mit TCM-Elementen und mindestens eine Produktserie auf Naturbasis an. Funktionalitäten wie Abnehmen, Entgiften, V-Gesicht (dünneres Spitzgesicht – ein Merkmal für Schönheit in China), Aufhellen der Haut etc. werden angeboten. Dabei werden oft Beautygeräte zur Hilfe eingesetzt. In gehobenen Spas werden fast ausschließlich importierte Pflegeprodukte und Beautygeräte angewandt. Hier sehe ich gute Marktchancen für europäische Anbieter.

Vielen Dank, Mei Gräfe, für deine spannenden Einblicke in den chinesischen Spa-Markt. Wir sind gespannt, wie sich der Markt entwickeln wird!


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