Langfristig glücklich. Weltweit. Umdenken. 3 Fragen an Wilfried Dreckmann
1. Langfristig glücklich? Du hast eine Ausbildung zum Kosmetiker und Masseur gemacht und mehrere Jahre in verschiedenen Wellness-Hotels in Europa gearbeitet, bevor du dich 2006 selbstständig gemacht hast. Du kennst also beide Seiten. Was sind deiner Meinung nach die drei größten „Stolpersteine“, an denen die Zusammenarbeit von Mitarbeitern und Unternehmen langfristig scheitert?
Hm. Gute Frage. Geht das überhaupt zusammen: „langfristig“ und „glücklich“? Ist Glück nicht immer eher temporär? Und sind Beziehungen (auch die zwischen Unternehmen und Mitarbeiter*innen) nicht eher dynamisch? Aber das sind wohl eher philosophische Gegenfragen.
Es gibt viele „Stolpersteine“ in Beziehungen – und da ist durchaus eine Ähnlichkeit vorhanden zwischen zwischenmenschlichen und Arbeitsbeziehungen. Es geht los mit den Erwartungen, die oft nicht deutlich genug formuliert werden. Beim ersten Date (dem Bewerbungsgespräch) stellen sich beide im besten Licht dar. Beide wollen ja was; der eine will eine/-n Mitarbeiter*in, der oder die andere einen Job (vielleicht – im besten Fall – sogar mehr: eine erfüllende Arbeit). Stellenbeschreibungen sind oft sehr mechanistisch, persönliche Eigenschaften oder gewünschte Verhaltensausprägungen werden nie erwähnt. Wünsche an den potenziellen Partner werden beim ersten Date nicht ausgesprochen. Viel zu groß wäre die Gefahr, dass auf das erste kein zweites Treffen mehr folgt, geschweige denn die ersehnte Beziehung.
Ist die gegenseitige Attraktivität groß genug, dass man sich trotz der Unwägbarkeiten traut, zusammenzukommen, passiert in Arbeitsbeziehungen oft genau dasselbe wie in der Ehe: Die anfängliche Euphorie weicht dem Alltag. Die Kommunikation flacht ab, Missverständnisse führen zu Verstimmungen, kleine Verletzungen kumulieren sich mit der Zeit zu einer großen schwarzen Wolke. Die Beziehung wird zur Gewohnheit. Eine Gewohnheit, die aufzugeben nicht in Frage kommt, weil das eventuell die Existenz bedroht.
Und damit sind wir bei Stolperstein Nummer drei. Es findet wenig bis gar keine Weiterentwicklung statt. Nur wenn Partner sich gegenseitig immer wieder „challengen“, die Entwicklung des einen die Entwicklung des anderen erlaubt und fordert, wenn der eine tatsächlich auch ein Interesse an der Entwicklung des anderen hat, dann ist Dynamik vorhanden. Und diese Dynamik braucht es, um Unternehmen UND Mitarbeiter weiterzubringen.
Wer aufhört, immer besser werden zu wollen, der stirbt einen langsamen, grauenvollen Tod.
2. Weltweit: Du bist hier Mitglied beim Global Wellness Institute und hast damit auch Einblicke in das Thema Spa- und Wellness-Fachkräfte weltweit. Was ist in Europa speziell im Gegensatz zu anderen Ecken der Welt?
Es ist spannend zu beobachten, dass in anderen Ländern – obwohl zum Teil völlig andere Strukturen und ein anderes Gehaltssystem vorliegen – genau das gleiche Problem vorhanden ist. Auch meine Kollegen vom Global Wellness Institute aus den USA zum Beispiel beklagen den erheblichen Mitarbeitermangel im Bereich Massage. Insbesondere in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben wir – was die Arbeitssituation für Mitarbeiter*innen im Spa angeht – schon eine extrem gute Situation. Verglichen mit anderen Ländern Europas jedenfalls.
Und trotzdem gestaltet es sich überall immer schwieriger, Mitarbeitende zu finden. In Italien haben im vergangenen Jahr zwei Spas geschlossen, in Deutschland weiß ich von mehreren Anlagen, dass sie die Öffnungszeiten verkürzen und/oder einen Tag in der Woche schließen, weil sie keine zwei Schichten mehr besetzt bekommen. Der Fachkräftemangel hat also überall ganz direkte und schmerzhafte Folgen.
3. Umdenken! Du leitest am Freitag, vor dem offiziellen Start des SpaCamps, ein Pre-Seminar zum Thema „Umdenken! Wie man heute erfolgreich Mitarbeiter*innen findet und ans Unternehmen bindet“. Kannst du uns schon jetzt einen konkreten Punkt verraten, wo Umdenken unbedingt notwendig ist?
International findet gerade eine sehr spannende Entwicklung auf dem Spa-Markt statt. Die ersten Ausläufer dieser Entwicklung haben Deutschland und Österreich erreicht und erfordern ein Umdenken. Die Herausforderungen, die da auf uns zukommen, bieten aus meiner Sicht enorme Chancen. Nicht nur Wachstumschancen, sondern auch Entwicklungschancen für und mit Mitarbeiter*innen. Ich werde im Pre-Seminar diese Entwicklungen skizzieren und Ideen vorstellen, wie wir damit umgehen können.
Außerdem wird es um ganz klassische Dinge der Personalführung gehen. Was bedeutet „gute“ Führung? Was brauchen Mitarbeiter*innen, um, wie du eingangs gefragt hast, „langfristig glücklich“ zu sein? Wie funktioniert Motivation bei Spa-Mitarbeiter*innen? Die vier Stunden werden vollgepackt sein mit Informationen und ich freue mich schon sehr auf spannende Diskussionen mit möglichst vielen Teilnehmer*innen.
Vielen Dank, Wilfried Dreckmann, für deine Antworten und deine Einschätzung. Wir freuen uns schon auf das Pre-Seminar am SpaCamp-Wochenende!