Think out of the box: Spa & Wellness 2025 – Interview mit Martina Schumann
Beim SpaCamp 2016 hast du in deiner Session die Teilnehmer eingeladen, gemeinsam in die Zukunft zu blicken. Wie sieht ein Spa 2025 aus?
Das ist richtig. Es waren, glaube ich, knapp 100 Teilnehmer dabei. Das war tatsächlich eine Herausforderung, einen ergebnisreichen 45 minütigen Workshop durchzuführen. Dabei ging es eher um „Wie könnte das Spa im Jahr 2025 aussehen?“, also weg vom typischen Spa.
Ein Schlagwort deiner Session, die übrigens die meisten Punkte erhielt, war „Individualisierung“ der Gästewünsche. Was heißt das genau und wie können sich Spa- und Wellnessanbieter jetzt schon darauf vorbereiten?
Unsere Gäste möchten sich individuell behandeln und verwöhnen lassen. Das kann tatsächlich in mehrere Richtungen gehen.
1. Wenn wir in der digitalen Spa-Welt denken, sind natürlich auch die Hersteller gefragt, denn dazu sollten die passenden psychologischen Fragen hinter den möglichen Entspannungsoptionen programmiert werden. Bei Brainlight ist das beispielsweise schon ziemlich gut aufgebaut. Der Gast/Kunde möchte beispielsweise eine neue Sprache erlernen und das Brainlight-System weiß genau, wie das Programm entsprechend aufgebaut sein muss. Die Lösung ist hier der Alpha-Zustand, denn hier wird das Gehirn darauf vorbereitet, Neues zu lernen. Oder es gibt diverse Apps, Chips, Sensoren etc., die die Körperzusammensetzung ermitteln und den entsprechenden Bedarf auswerten.
2. Als zweiten Punkt gibt es natürlich weiterhin die golden Hands, also die klassischen Anwendungen in der Kabine. Wichtig ist hierbei die Struktur an der Rezeption. Der Gast sollte noch besser und intensiver von den Mitarbeitern beraten werden, um die richtige Anwendung oder auch das „Coaching für den Gast“ zu buchen.
Individualisierung wird in der Zukunft in diesen beiden Varianten in einem Mix stattfinden. Sei es über einen Bodyscan mit ausführlicher Auswertung und Beratung durch den Physiotherapeuten. Oder einfach nur unterschiedliche Geräte mit unterschiedlichen Funktionen, wie z.B. den Körper entgiften inklusive eines Programms mit Sinneseinflüssen/Wahrnehmung zur Regeneration. Einige Teilnehmer sehen auch verstärkt Psychologen und Heilpraktiker im Spa der Zukunft. Das ist sicherlich korrekt, allerdings müssen die Schulen, Institute und die Spa-Manager hier umdenken.
Digitalisierung verbunden mit Fitness-Tracking ist heute nichts Besonderes mehr. In deiner Session wurde über Ganzkörper-Scanner, digitale Kontaktlinsen oder Massage-Roboter gesprochen. Wo siehst du hier Gefahren? Wo Chancen?
Das sind alles extrem spannende Themen. Die Gefahr sehe ich zum einen darin, dass das Technische nicht überhandnehmen soll, also dass der Spa nicht ausschließlich nur noch in diese Richtung arbeitet. Denn nicht alle Gäste sind dafür offen und es bedarf tatsächlich noch jeder Menge Entwicklung dieser Roboter bzw. automatisierten Wohlfühlgeräte. Aber im Jahr 2035 ist das sicherlich ganz normal (lacht).
Chancen sehe ich ganz klar in mehreren Punkten. Zum einen ist der wirtschaftliche Aspekt nicht ganz unwichtig, denn wir alle kennen das komplexe Thema der Mitarbeiterfindung und -qualifikation, verbunden mit einem größer werdenden Kostenfaktor. Wenn beispielsweise ein Scanner meine Sportübung überprüfen kann und mich korrigiert, dann ist das ein Fortschritt. Die Menschen möchten in kurzer Zeit immer mehr erreichen. Egal in welchem Segment – ob Körperstraffung, Wohlbefinden, Muskelaufbau oder schöne Haut.
Bei der ganzen Technik gibt es das tiefe Bedürfnis, wieder achtsamer auf das eigene Ich zu hören. Wie können Spa-Angebote zukünftig aussehen, die gestressten Menschen dabei helfen, mal für ein paar Tage offline zu sein – Stichwort „Digital-Detox“?
Das wird es sicher noch viele Jahre geben. Dennoch kommen wir ohne digitale Hilfen bald nicht mehr aus, wenn wir am Puls der Zeit bleiben wollen, aber auch um uns täglich regenerieren zu können. Die Wohnung wird via App geheizt, das Licht angemacht, mein Kühlschrank wird ebenfalls mit Hilfe einer App gefüllt etc. Social-Media-Kanäle halten uns immer wieder auf dem aktuellen Stand: diverse Methoden über Entspannungstechniken wie z.B. das richtige Atmen oder achtsamer mit mir und meinem Körper umgehen, welche Schritte ich täglich einbauen kann, um mich besser zu fühlen. So ähnlich wie die 7 Punkte beim Global Wellness Day. Das alles sind Informationen, die ich mir täglich als Unterstützung über mein iPad oder Smartphone zeigen lassen kann.
Kurzum: Digital-Detox-Wochen wird es sicherlich weiter geben.
Die Ansprüche an Mitarbeiter steigen weiter: Wie können Spa-Mitarbeiter den Spagat schaffen, auf der einen Seite hingebungsvoll für den Gast da zu sein, auf der anderen Seite aber auch mithilfe digitaler Tools die Effizienz zu steigern?
Individualität ist das Stichwort. Es gibt bereits einige Geräte/Hersteller, bei denen der Gast vom Mitarbeiter erst einmal nur eine Einführung benötigt. Zum Beispiel bei hpp-Magnetfeld-Anwendungen, Brainlight mit den unterschiedlichen Programmen, Bewei, das ursprünglich aus der Medizin stammt und nun das Thema Stoffwechselaktivierung unterstützen soll. Die Lymphdrainagen-Hosen für die „automatisierte“ Entschlackung oder das happy aging für die Beckenbodenstärkung, Cryo-EMS für den Verlust diverser Fettzellen, die Magnetfeldmatte für das tägliche Entspannungsritual etc. Also es ist bereits einiges auf dem Markt, unterstützend oder als Einzelanwendung.
An welchen Zukunftsprojekten arbeitet ihr gerade? Wie sieht das Spa der Zukunft auf dem Kreuzfahrtschiff aus?
Wir arbeiten sehr stark daran, wie wir im Bereich Gesundheit und Vitalität auf dem Kreuzfahrtschiff noch mehr erreichen können. Die neue Mein Schiff 1, die wir im Frühjahr 2018 übernehmen, ist sehr stark auf Wellness und Spa fokussiert und wir möchten natürlich weitere Innovationen einbauen, die „mit und ohne Mitarbeiter“ angeboten werden können. Wir haben bereits einige Gästeumfragen durchgeführt, in denen wir erfahren möchten, was sich unser Gast wünscht, sei es eine Schlafanalyse, eine Gesundheitssuite, unterschiedliche Scanner etc. Wir recherchieren in viele Richtungen, immer mit dem Fokus Der Gast hat Urlaub und möchte Land und Leute kennenlernen, aber auch mit dem Hintergrund, dass wir 40% Stammgäste verzeichnen, die an Bord bleiben und sich immer was Neues an Bord wünschen. Dazu gerne mehr ab Juli 2017.
Vielen Dank für das zukunftsweisende Interview, liebe Martina!